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    Waldläufer Avatar von Jacques Percheval
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    Am selben Ort wie Sir Ulrichs Armbrust!
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Jacques Percheval ist offline
    Jacques zog leicht verwirrt die Augenbrauen hoch, als der Fremde die Frage, wer er sei, zunächst als eine ‚philosophische‘ betitelte, als habe Jacques von ihm den Sinn des Lebens erfahren wollen oder etwas derart Abgehobenes. Im ersten Moment schien der Kerl aber tatsächlich nicht ganz sicher zu sein, wie er die einfache Frage beantworten sollte, und er brauchte einen Moment, um sich die Worte zurecht zu legen.
    Was er dann sagte, ließ Jacques allerdings interessiert aufhorchen. Ein Bekannter des Kommandanten von früher? Aus Varant – oder zumindest hatte er einige Zeit dort verbracht? Das konnte vielleicht die merkwürdig geschnittene Kleidung erklären, die dieser Draco trug.
    „Tja nun, dann, äh… Willkommen in der Truppe, oder so!“ Jacques hob seinen Becher und prostete Draco zu. „Was unseren Auftrag betrifft – naja, Erkunden, die Lage sondieren in Richtung der Ruinen von Setarrif.“ Er zuckte kurz mit den Schultern. „Viel mehr gibt es glaube ich nicht zu sagen. Wobei, Sunder…“ Jacques senkte kurz die Stimme und wandte sich an den alten Seemann: „Ulrich hat erwähnt, dass er uns auf eine Mission schicken will. Ich weiß nicht, was, aber er wirkte nicht sonderlich… naja, es könnte eine Art Test für uns sein.“
    „Ich finde, er übertreibt“, warf Agnes ein, „Ihr habt nichts falsch gemacht!“
    Jacques dachte kurz nach. „Vielleicht… aber ich glaube, Ulrich hat auch recht. Ich meine, er muss sich auf seine Leute verlassen können, und darauf, dass sie tun, was er ihnen aufträgt. Auch wenn wir mit den besten Absichten gehandelt haben – in einer anderen Situation hätten wir mit unserer Eigenmächtigkeit vielleicht alle in Gefahr bringen können…“
    Agnes rollte mit den Augen, verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und zog die Nase kraus. „Ja, okay, vielleicht. Keine Ahnung, ich bin schließlich keine Soldatin. Aber, Jacques… Wenn dieser feine Herr Kommandant euch unnötig in Gefahr bringt, dann reiß ich ihm den Kopf ab steck‘ ihm seine Befehlskette da hin, wo Innos selbst sie nicht finden wird!“

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    Abenteurer Avatar von Mina Argon
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
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    Kleine Weide hinter dem Wohnhaus des Pferdezüchters

    In dem Moment als der Kommandant Mina offenbahrte, dass er kein Problem damit hätte eine Frau an der Waffe zu unterrichten, kam Hoffnung in ihr auf. Hoffnung, dass sie es doch eines Tages schaffen könnte mehr aus sich zu machen ohne etwas aufzugeben, das ihr viel bedeutete. Nach dam Tod ihres Vaters war die Schmiede, die er ihr vermacht hatte und das dazugehörige Handwerk, so ziemlich das Einzige, was ihr von ihm geblieben war. Es lag ihr viel darin ihn stolz zu machen, auch nach seinem Ableben. Und da sie ihn nicht mehr fragen konnte, was ihn sonst noch glücklich machen könnte, klammerte sie sich fest an das, was sie mit Bestimmtheit wusste.
    Als Ulrich aber dann abschweifte und von seiner Zeit auf dem Festland als Anführer von Rebellen berichtete, kamen auch in ihr schmerzliche Erinnerungen hoch. Ihr Bruder war im letzten Orkkrieg auf das Festland gezogen um unter Rhobar den Feind zurückzudrängen und dem Krieg die entscheidende Wendung zu geben. Auch wenn der Krieg schon lange gewonnen war, so hatte sie nie wieder etwas von ihrem Bruder gehört. In dem Moment, als Ulrich selbst mit Erinnerungen kämpfte und zwischen den beiden ein bedrückendes Schweigen aufkam, erwachten in Mina weitesgehend verdrängte Fragen um den verbleib ihre Bruders. Da sie keine Möglichkeit hatte selbst auf das Festland zu ziehen und ihr harter Alltag mehr als ausreichend Ablenkung brachte, konnte sie diese Frage oft genug beiseite schieben. Aber es kam dann doch immer wieder vor und besonders in Momenten wie diesen, in denen sich Mina gewahr wurde, dass sie sich dieser emotionalen Last eines Tages stellen musste.

    Die abschließenden Worte Ulrichs verwirrten die Schmiedin etwas. Da sie emotional noch immer etwas aufgewühlt und mit den Gedanken nicht völlig bei der Sache war, kam der Wink mit dem Zaunspfahl vom Kommandanten nicht sofort so offensichtlich herüber, wie er hätte sein sollen. Das Argument, dass er sie nicht ausbilden konnte, weil sie bald weiterziehen würden, klang absolut logisch. Und ein Narr war sie natürlich auch nicht! Allerdings sprach er auch von Mut und das unverhoffte Zwinkern des Paladins machte sie sehr stutzig.
    "Uhm...natürlich! Wenn man sich nicht mehr gegenseitig hilft, dann steht man schließlich irgendwann alleine da!", meinte sie zu ihm selbstverständlich als sie Luthger um die Ecke kommen sah und klar wurde, dass ihre Unterhaltung damit beendet war. "Ich danke euch für das Gespräch!", sagte sie noch zum Schluss und wandte sich dann ihrem neuen Gehilfen zu. Da dieser sicherlich noch anderes zu tun hatte, wollte sie ihn auch nicht länger warten lassen als nötig und machte sich sogleich mit ihm an die Arbeit. Die Unterhaltung mit Ulrich, sollte ihr allerdings noch etwas länger zu Denken geben.

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    Paladin des Volkes  Avatar von Sir Ulrich
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    Auf dem Hof des Pferdezüchters

    Die Pause, wenngleich sie nicht so ruhig verlief wie erhofft, war dennoch wohltuend, zumindest in dem Maße, das der Kommandant sich wieder besser fühlte und wieder einigermaßen klar im Kopf war. Sein Gehirn brauchte offensichtlich weniger Zeit um sich von Strapazen zu erholen, als sein Körper, der signalisierte nämlich eindeutig, das er noch nicht ausgeruht sei. Der Streiter Innos fühlte sich immer noch seltsam schwach auf den Beinen, vermutlich war das nur Einbildung, mutmaßte Ulrich, eine logische Erklärung wollte ihm jedenfalls nicht dafür einfallen. Möglicherweise lag es einfach am Hunger, kam es ihm noch in den Sinn, er hatte tatsächlich den ganzen Tag noch nichts gegessen, das sollte er wohl bald nachholen.

    Doch zuvor wollte der Kommandant endlich das erledigen, wovor er sich vor kurzem gedrückt hatte, das erschien ihm in diesem Moment wichtiger. Fest entschlossen die Baustelle näher in Augenschein zu nehmen, lenkte er zielstrebig seine Schritte in diese Richtung, die von weitem betrachtet alles andere als trostlos wirkte. Aus der Nähe betrachtet ließ sich feststellen das es den Männern tatsächlich gelungen war, den Pferdestall wieder aufzubauen. Handwerklich sicherlich nicht auf dem höchsten Niveau, ein Tischler würde wohl bei diesem Anblick die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber es dürfte seinem Zweck genügen. Der Stall hatte ein Dach, Wände und wenn Mina, die Schmiedin, letzte Hand angelegt hätte, sogar 2 Tore, was brauchte es mehr um ein paar Pferde unterzustellen? Aus Ulrichs Sicht war das Projekt Wiederaufbau des Pferdestalls damit so gut wie abgeschlossen, mehr konnten sie nicht tun. Und falls es einen Bedarf für kleine Änderungen oder Verbesserungen gäbe, könnten es später die Knechte des Hofes immer noch richten, schloss der Streiter Innos gedanklich mit dieser Sache ab.

    Jon, der wohl das zufriedene Nicken des Kommandanten bemerkt hatte, kam mit einem gewissen Lächeln auf den Lippen auf seinen Kameraden zu. „War doch mehr Arbeit als gedacht“ bemerkte der Ritter als Begrüßung, „wohl wahr“ bestätigte Ulrich, „aber nun ist es ja geschafft“ fügte er hinzu. „Hast du schon mit allen Männern gesprochen?“ kam der Kommandant ohne Umschweife zum nächsten Thema, „ja, sie warten auf weitere Befehle“ bestätigte Jon. „Gut, gut“ brummte Ulrich, „die Männer sollen nach Einbruch der Dunkelheit unauffällig ihre Sachen packen und sich dann an der Weggabelung vor dem Pferdehof sammeln. Ich werde später vorbeischauen und weitere Anweisungen geben. Und such DraconiZ, sag ihm diskret wo wir uns treffen, ich will ihn dabei haben - alles verstanden?“, Jon nickte, „ja, alles klar, ist so gut wie erledigt“...

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    Veteran Avatar von Kiyan
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    Südlich von Thorniara

    Der Weg durch Thorniaras Straßen war so ruhig wie bei den letzten Besuchen gewesen. Kaum das er sich vom Anleger aus aufgemacht hatte, waren ihm schon Mitglieder der Hafenwache samt unausgeschlafenem Zöllner entgegengekommen, die ihn kurz gefilzt hatten. Als er keinen Nachweis über Bürgerrechte des Myrtanischen Großreichs vorweisen konnte, forderte man ihn unhöflich auf, jegliche Waffen abzugeben. Als er auch dies verneinen musste, hieß man ihn die Stadt einfach schnell zu verlassen, da so zerlumpte Gestalten nicht gern gesehen waren und es schon genug Gesinde im Armenviertel gab, welches Kopfzerbrechen bereitete. Ein einäugiger Vagabund mehr sollte es also wohl nicht sein.

    So hatte sich Kiyan auf schnellstem Wege durch die Gassen bewegt, den finster dreinblickenden Torwachen zugenickt und Richtung Süden eingeschlagen, um ebenfalls recht zügig das Thorniarer Umland zu durchqueren. Grundsätzlich hatte er nichts gegen die Leute hier, ebenso wenig gegen den Orden Innos‘. Natürlich war ihre fast schon fanatische Treue dem König gegenüber bedenklich, denn – so sah der Wächter es – wer legte sich gerne mit Freuden ein Halsband an?
    Ironisch, dass gerade du so denkst, nicht wahr?
    Der Wanderer stolperte fast, als er meinte, eine säuselnde Stimme an seinem Ohr zu hören. Er fuhr herum, schaute den Weg Richtung Stadt entlang. Schüttelte den Kopf, wie um wirre Gedanken loszuwerden.
    Der Feuerhäuptling hält seine Hunde an einer kurzen Leine. Beeindruckend für einen morra. In der Hinsicht ist er meinem Volk gar nicht unähnlich.
    Der Schweiß, der so schon Kiyans Züge bedeckte und im aufkommenden Wind frösteln ließ, verstärkte sich, floss fast in Strömen. Hitze breitete sich in seinem Leib aus.
    „Nein, du bist tot“, mit aufgerissenen Augen starrte Kiyan ins Leere, „tot, verdammt. Heric hat dich erwischt!“
    Hat er das? Sicher, er hat eine zerbrechliche Hülle zerstört, so viel ist sicher. Dein Welpe hat mehr Biss als du. Aber getötet hat er mich nicht.
    Kiyan war, als würde etwas Eiskaltes Bahnen durch seinen Körper ziehen. Er schauderte. Der Wächter musste dringend nach Tooshoo. So die Götter wollten, würde er einen Druiden oder zumindest einen Heilkundigen auftreiben können, um dieses Schmarotzers Herr zu werden. Er hoffte es inständig.
    Freue dich auf den bitteren Geschmack der Asche deiner Hoffnung auf der Zunge, morra.

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    Drachentöter Avatar von DraconiZ
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    Auf dem Hof des Pferdezüchters

    Als der Streiter in die frische Luft hinaustat und sich einige Schritte von dem Gebäude entfernte hallten immer noch die Gefühle von Vertrautheit und Friedens in ihm nach. Es war lange her gewesen, dass es einige Zeit nur damit verbracht hatte dazusitzen, Geschichten zu erzählen und Karten zu spielen. Etwas, dass ihm seit seiner Zeit in Khorinis nicht mehr so richtig vergönnt gewesen war, ohne dass er sich ständig nach einer neuen Katastrophe hatte umsehen müssen. Es schien so, als hätte diese Insel Argaan ihm in kurzer Zeit etwas des Friedens wiedergegeben, den er lange vermisst hatte. Einen Moment lang schaute er nur etwas müde in der Gegend herum, bis ihm ein grauer Fleck auf seiner Rüstung auffiel. Er war nicht groß, vielleicht etwas größer als ein Daumen und doch beunruhigte ihn der Anblick. Diese Rüstung hatte er bei seiner Ausbildung von Raschid al-Din erhalten, als er die Schattenmimik für sich nutzbar gemacht hatte. Er hatte es für unmöglich gehalten, dass sich jemals etwas an der tiefen Schwärze ändern würde, die dieser Rüstung wie die Dunkelheit selbst anhaftete und doch war dort unbestreitbar ein grauer Fleck zu sehen. Mit einer Mischung aus Schock und Neugier betrachtete er auch den Rest der Rüstung und stellte an manchen Stellen das gleiche Phänomen fest. Die Schwärze der Rüstung schien durchbrochen zu werden. Die Rüstung war schon immer ein Teil der Obskuromantie gewesen. War das ein Zeichen, dass auch er sich wandelte?

    »DraconiZ. Auf ein Wort«, nahm ihm eine Stimme sein Grübeln. Der Assassine drehte sich um und nickte dem herankommenden Jon zu. »Was kann ich für euch tun?«, kam die Entgegnung. »Ulrich wünscht eure Anwesenheit nach Anbruch der Dunkelheit an der Weggabelung vor dem Pferdehof«, einen Moment lang lies er die Worte wirken, dann ergänzte er: »unauffällig«. Der Klingenmeister nickte. Dann war es jetzt wohl an der Zeit mehr zu erfahren. Neuen Chancen entgegen. Er freute sich darauf. »Sagte er worum es geht?«. »Nein«, sagte Jon kurz angebunden. »Das ist aber nicht unüblich.«. Draco nickte. »Ich werde da sein«. Viele Dinge hatte er ohnehin nicht zu packen.

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    Abenteurer Avatar von Mina Argon
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    Auf dem Hof des Pferdezüchters

    Das Beschlagen des Hengstes war für Mina weitaus schneller von statten gegangen als das vorherige Gespräch mit Sir Ulrich. Nicht weil es weniger Zeit gekostet hatte, sondern vielmehr weil sie bei der Arbeit viel fokusierter gewesen war und die Zeit dadurch nur so davon geflogen war.
    Auch wenn der Streiter Innos sie im Grunde nur etwas näher kennen lernen wollte, so hatte sich der Inhalt des Gesprächs doch als reichhaltiger herausgestellt als anfangs gedacht. Sie hatte nicht nur einen echten Paladin getroffen, sondern anscheinend auch einen guten Eindruck hinterlassen. Zumindest hatte sie ihm gegenüber ein gutes Gefühl und konnte sich sehr gut vorstellen, warum ausgerechnet er die Männer hier anführte. Sein Auftreten unterschied sich stark von dem, was sie in Thorniara vom Orden und dessen Streitern miterlebt hatte. Und auch wenn sie ihn erst kennen gelernt hatte, so vermochte er es sie über die unglücklichen Ersteindrücke dieses Trupps durch Calan und Jacques hinwegsehen zu lassen. Im Großen und Ganzen setzte sich dieser Söldnertrupp anscheinend für die richtige Sache ein. Allein die Tatsache, dass die Männer auch ohne großes handwerkliches Können sich daran versucht hatten den Bauern hier zu helfen, sprach Bände.
    Allerdings gab es noch eine Angelegenheit, die ihr noch immer nachhing...

    Die wichtigsten Arbeiten am Stall waren bereits getätigt, so dass dieser zumindest wieder funktionstüchtig war und den teuren Pferden den nötigen Schutz bieten dürfte. Der Torrrahmen und die dazu passenden Tore waren ebenso wieder instand gesetzt worden. Das Einsetzen dieser würde wohl die letzte große Arbeit Minas werden.
    Mit gezielten Hammerschlägen setzte die Schmiedin die Nägel in das Holz, die die Eisenbänder für die folgenden Jahre in der richtigen Position halten sollten. Hierbei musste sie genau arbeiten, da diese das Gewicht der Tore aushalten mussten und durch ständiges Öffnen und Schließen ständig beansprucht werden würden. Auch wenn sie zu Beginn ihrer Arbeiten hier auf dem Hof geglaubt hatte, dass sie wirklich nur Schmiedearbeiten verrichten würde, so wollte sie die wichtigsten Handgriffe dann doch selbst übernehmen. Die Söldner hatten gute Arbeit geleistet, aber die meisten von ihnen schienen nur sehr wenig handwerkliches Wissen zu haben. So wie es aussah, war sie wohl die am besten Qualifizierteste hier um die Tore und den Rahmen für das Einsetzen vorzubereiten.

    Während ihrer Arbeit gingen ihr die Worte Sir Ulrichs immer wieder durch den Kopf. Wenn sie ihn richtig verstanden hatte, so war er durchaus gewillt sie im Schwertkampf zu unterweisen. Und so wie es geklungen hatte, war die Abreise des Söldnertrupps wohl das eigentliche Problem. Sie selbst hätte eine Ausbildung in Thorniara natürlich bevorzugt. Insbesondere weil dort mehr als genug Arbeit auf sie wartete, die sie dem Handelskontor noch schuldig war. Aber einer kleinen Reise durch das Land hätte durchaus auch seinen Reiz! Der Kommandant hatte aber natürlich schon Recht, wenn er behauptete, dass es für eine einfache Schmiedin durchaus sehr gefährlich werden könnte. Dass er aber in diesem Zusammenhang mehr von Verwegenheit und Mut gesprochen hatte, gab Mina durchaus zu bedenken. Tatsächlich erinnerte sie sich, wie er ihr zugezwinkert hatte und auch wenn es zu diesem Zeitpunkt ihr sehr seltsam vorgekommen war, so machte das alles im Nachhinein betrachtet etwas mehr Sinn. Vielleicht interpretierte sie da etwas zu viel hinein, denn so wirklich kannte sie den Paladin noch nicht, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er sie auf die Probe stellen wollte.

    Mit ein paar letzten Schlägen war nun auch das letzte Eisenband an das Tor angenagelt worden. Die Angeln befanden sich schon längst an den richtigen Stellen im Rahmen, so dass jetzt nur noch eines letzten Kraftaktes der Männer hier bedurfte. Das Einhängen der Tore würde etwas Kraft kosten, aber sollte nicht all zu lange dauern. Dann wären sie hier alle fertig.

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    Paladin des Volkes  Avatar von Sir Ulrich
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    in der Nähe des Pferdehofes

    Nachdem Jon ihm mit einem Zeichen zu verstehen gab, das alle Männer den Pferdehof verlassen hatten, machte sich der Kommandant in Dunkelheit auf den Weg zum vereinbarten Treffpunkt. Es dauerte nicht lange, bis er im fahlen Licht des abnehmenden Mondes, schemenhaft einige Gestalten erkennen konnte. Während Ulrich gemütlichen Schrittes auf die anberaumte Versammlung zuhielt, quakte plötzlich ein Frosch, für diese Jahreszeit ein sehr befremdliches Geräusch. Der Kommandant musste innerlich grinsen, er wusste natürlich das Harras dahintersteckte, der sich einen kleinen Scherz erlaubte, ein gutes Zeichen, anscheinend waren die Männer gutgelaunt. Mit dem Heulen eines Wolfes oder das Knurren eines Bären angekündigt zu werden, hätte Ulrich allerdings etwas netter gefunden, fiel ihm im nach hinein auf, das war aber letztlich nicht von Belang.

    Als der Kommandant näher kam, rotteten sich seine Männer selbstständig zusammen und begrüßten ihn still mit einem Kopfnicken, Ulrich erwiderte den Gruß auf die gleiche Weise. „Kommen wir gleich zur Sache“ kündigte der Streiter Innos an, während er sich die Hände rieb. „Zuerst möchte ich unseren Neuzugang formell vorstellen – das ist DraconiZ, ein Kamerad aus alten Tagen, wir haben zusammen in Khorinis gedient - er genießt mein Vertrauen. Ich habe DraconiZ einen Platz in unserer Truppe angeboten, deshalb wird er euch begleiten.“ Cenfar rollte die Augen und stöhnte, ein deutliches Zeichen für Unmut, „keine Sorge, DraconiZ kann ganz gut auf sich selbst aufpassen, um den müsst ihr euch ganz sicher nicht sorgen“ stellte der Kommandant unmissverständlich klar. „Zurück zum Thema, es ist noch nicht klar welche Position DraconiZ einnehmen wird, das müssen wir, das muss er selbst, erst noch herausfinden. Das Beste wird wohl sein, wenn er als Springer jedes Team kennenlernt, also lasst ihn gewähren.“

    „Nächster Punkt..., Jon hat euch informiert wohin die Reise geht, was er noch nicht gesagt hat ist, das diese Erkundungsmission gleichzeitig als Manöver zu verstehen ist. Oder besser gesagt eine gute Gelegenheit ist, sich wieder aufeinander einzuspielen und den Ernstfall zu proben – ihr wisst was ich meine“ die Männer nickten. „Deshalb übernehmen Cenfar und Sarit bis auf weiteres das Kommando, mit vollem Handlungsspielraum nach eigenem Ermessen. Einzige Vorgabe meinerseits ist und darauf bestehe ich, ihr passt euer Tempo den Nachzüglern an. Die Frischlinge werden den gleichen Weg nehmen und man muss sie ja nicht ins Verderben rennen lassen, habe ich mich klar ausgedrückt?“, allgemeines Kopfnicken der Männer. „Gut, gut“ brummte der Kommandant, „ansonsten werden Jon und ich den Rekruten als Nachhut den Rücken decken – damit wäre von meiner Seite aus alles gesagt – irgendwelche Fragen?“

    Die Männer schauten sich gegenseitig an, aber scheinbar war allen klar worum es ging, „keine Fragen“ bestätige Cenfar schließlich, Sarit stimmte ebenfalls zu. Der Streiter Innos überlegte kurz ob er DraconiZ noch etwas sagen wollte, aber er verzichtete darauf, der alte Kamerad würde sich schon zurechtfinden. „Na worauf wartet ihr dann noch“ meinte der Kommandant dann breit grinsend, „Abmarsch“...

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    Veteran Avatar von Kiyan
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    Bluttal

    Es dauerte nicht lange, bis sich in Kiyans Verstand das schleichende Gefühl einnistete, verfolgt zu werden. Eine gewisse Paranoia – vielmehr gesunde Vorsicht genannt – war ihm schon immer zu Eigen gewesen. In seiner Jugend, wenn er mit Saufkumpanen durch die eher schäbigeren Straßen Gorthars gezogen war, einfach weil dort der Schnaps schlichtweg billiger (als hätte es für Aufschneider ihrer Herkunft eine Rolle gespielt) und die Mädels wesentlich leichter zu beeindrucken gewesen waren, hatte er ein Riecher dafür entwickelt, wann ihm Augen aus einer Gasse folgten.
    Nun war ähnlich, aber nicht ganz. Der Wächter hatte das Bluttal erreicht und folgte der Straße, die jenen bewaldeten Talkessel von Nord nach Süd durchmaß. Gelegentlich begegnete er Händlern, Jägern, Wanderern oder ebenso zerlumpten Gestalten, wie er eine war. Mal sprach man ein paar freundliche Worte, mal maß man sich nur mit Blicken, die darauf ausgelegt waren, jegliche Konfrontation im Keim zu ersticken. Zu Kiyans Nachteil waren seine Argumente – Waffen – nicht schlagkräftig, da nicht vorhanden. Würde also ein Reisender mit einer Klinge zu der Überzeugung kommen, ihm die letzten Klamotten vom Leib zu rauben … nun, dann würde der Wächter es wohl zähneknirschend akzeptieren müssen.
    Die meisten Menschen, denen er begegnete, mieden jedoch jede nähere Bekanntschaft mit ihm. Denn Kiyans Eigenwahrnehmung entsprach bei weitem nicht dem Bild, welches seine Mitmenschen sahen. Nach Schweiß stank der Wächter wie ein Zwangsarbeiter, dessen letztes Bad mehrere Monde her war. Das Gesicht wirkte eingefallen, verhärmt. Die Wangenknochen stachen hervor und man meinte, klar die Kontur des Schädels verfolgen zu können. Das hellblaue Auge wirkte wässrig-fiebrig, brannte in dem blassen Gesicht wie eine Fackel des Wahnsinns. Immer wieder sprach Kiyan mit sich selber, ein Umstand, den er gar nicht wahrnahm. Mal diskutierte er mit sich, dann schimpfte er lautstark, dann verfluchte er die Stimme des Geistes. Leiser flüsterte er zu dem Geist, bat um Erlösung, verlangte bettelnd sein Auge zurück.
    Kurzum: Jeder andere Mensch sah keinen munteren Wanderer, sondern jemanden, der genauso gut einem Sanatorium entflohen sein konnte.
    Geändert von Kiyan (02.03.2024 um 13:22 Uhr)

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    Paladin des Volkes  Avatar von Sir Ulrich
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    Auf dem Hof des Pferdezüchters

    Auf dem Hof war es seltsam ruhig geworden, nachdem Ulrichs Männer und DraconiZ zu einer neuen Mission aufgebrochen waren, stellte der Kommandant nüchtern fest. So empfanden es wohl auch Jacques, Sunder und Mina, die augenscheinlich etwas verwirrt wirkten. Obwohl die Drei versuchten sich nichts anmerken zu lassen, konnte man förmlich Fragezeichen auf ihrer Stirn sehen. Es dauerte eine Weile, bis die junge Schmiedin, Jacques und Sunder begriffen hatten, das es nun an ihnen lag, den Rest der Arbeiten, nämlich den Einbau der Tore, zu erledigen. Der Kommandant hielt sich bewusst aus der Sache raus, er wäre sicherlich keine große Hilfe, stattdessen wollte er Martha aufsuchen um sie langsam darauf vorzubereiten, das die Familie bald wieder auf sich allein gestellt sei.

    Nach einem ausführlichen Gespräch mit der Gutsherrin, das wohl länger dauerte als es sich anfühlte, wollte Ulrich auf der Baustelle nach dem Rechten sehen. Er hatte sich innerlich schon drauf eingestellt, das er vielleicht doch mit anpacken müsste, aber zu seiner Verwunderung waren sie Tore schon eingebaut. Mina, die offensichtlich das Zepter in der Hand hatte, wies Jacques und Sunder an, die Tore zu öffnen und dann wieder zu schließen, das funktionierte reibungslos. Die junge Schmiedin schien mit den Arbeiten zufrieden zu sein, jedenfalls begann sie ihr Werkzeug zusammenzupacken, was der Streiter Innos wohlwollend zur Kenntnis nahm. „Das sieht sehr gut aus“ kommentierte Ulrich knapp, nachdem er sich das Ganze aus der Nähe angesehen hatte, „das Finanzielle klären wir später“, meinte er noch zu Mina.

    „Jacques, Sunder zu mir, wir haben etwas zu besprechen“ brummte der Kommandant, die beiden Soldaten folgten der Anweisung und kamen näher. „Ich habe gleich eine neue Aufgabe für euch“ kündigte Ulrich an, „es wird langsam Zeit, das ihr begreift, das ihr nicht bei den Pfadfindern seid, sondern in der Armee. Die Männer und ich haben es satt ständig auf euch aufzupassen und euch den Arsch zu retten, damit ist ab sofort Schluss. Deshalb werde ich euch in eine Situation bringen in der ihr auf euch allein gestellt seid, in der euch Niemand helfen wird. Dabei wird sich herausstellen aus welchem Holz ihr geschnitzt seid – entweder geht die Sache gut für euch aus oder nicht. “ knurrte der Kommandant und legte bewusst ein kleine Pause ein.

    Währenddessen kramte er die grobe Skizze hervor, die Harras angefertigt hatte, drückte sie kurzerhand Jacques in die Hand und forderte ihn auf sie auseinander zurollen. „ Eure Aufgabe wird sein, euch anhand der Karte zu orientieren und den markierten Punkt zu erreichen, im Idealfall lebend, noch besser wäre es unverletzt“ dramatisierte der Kommandant absichtlich. „Die Gegend die ihr durchstreifen werdet ist voller Gefahren, darum rate ich euch dringend stets wachsam zu sein und niemals unüberlegt zu handeln. Stellt euch auf eine längere Reise ein und wählt weise aus was ihr mitnehmen wollt, zu viel kann schädlich sein, zu wenig ebenso. Mehr Ratschläge gib es nicht von mir, ansonsten habe ich alles Nötige gesagt! Also packt in Ruhe eure Sachen und marschiert gleich danach mutig los, Innos sei mit euch“...

  10. Beiträge anzeigen #70 Zitieren
    Lehrling Avatar von Thorek
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    Bluttal
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    Thorek ist offline

    Das Bluttal

    Es hatte sehr viel länger gedauert, das Bluttal zu durchqueren, als Thorek eingeplant hatte. Immer wieder musste der ehemalige Soldat des Ordens nicht nur Banditen ausweichen, sondern sich auch vor Spähertruppen der Rebellen verstecken. Denn noch hatte er sich nicht entschieden, welche Geschichte er über seine vermeintliche Vergangenheit erzählen wollte. Und so wollte er auch nicht in die Verlegenheit geraten, improvisieren zu müssen.

    Am Rande des Waldes beobachtete Thorek das Treiben auf einem großen, der befestigten Stadt Stewark vorgelagerten Bauernhof. Viel hatte sich dort zumindest nicht verändert. Auf den dem Wald zugewandten Felder wurde offenbar Getreide angebaut, während zur Nähe der Stadt die Weinreben zu sehen waren. Thorek erinnerte sich wieder, wie er nach der heimtückischen Eroberung der Baronie Stewark einige königstreue Bürger bei der Flucht gen Thorniara half. Kaum zu glauben, dass er nun in gewisser Weise selbst flüchten musste.

    Thorek schüttelte energisch mit dem Kopf und verdrängte seine Gedanken. Seine Vorräte waren schon lange aufgebraucht und er wollte keine Zeit mehr verschwinden. Zuversichtlich verließ er den Wald in Richtung des Bauernhofes. Er wollte sich zunächst in den Diensten des Bauern stellen, ehe er die Stadt betrat. Mit dem Bauern als Leumund sollte es einfacher sein, die Torwachen von seinen guten Absichten zu überzeugen.

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    Lehrling Avatar von Corsika
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    Corsika erwachte jäh aus einem tiefen Schlaf, als eine ihrer Gänse ihr in die große Zehe biss. Sie schreckte zurück und trat schlaftrunken nach dem Federvieh, erwischte es aber nicht. Die Tiere waren aufgeregt. Es waren elf an der Zahl und sie befanden sich in einem viel zu kleinen Käfig. Es war nie geplant, dass sie mehrere Tage in diesem engen Gefängnis verbringen sollten. Die Überfahrt sollte gerade einmal wenige Stunden dauern, nun waren es beinahe zwei Wochen. Dass sie überhaupt noch lebten, lag einzig daran, dass Corsika bei ihrer Abreise reichlich Trockenfutter eingepackt hatte. Die Gänse waren Geschenke für einen potenziellen Heiratskandidaten, den sie hatte treffen sollen. Sie war in Sorge, die Tiere würden von diesen Provinzlern nur gammeliges Gras zu fressen bekommen und gar kein Kraftfutter. Es sollte ihr Glück gewesen sein, denn von zwölf stattlichen Gänsen hatten bislang elf die kräftezehrende Reise ins Nirgendwo überlebt. Nur eine, die Schwächste von ihnen, hatte Corsika vor einigen Tagen schweren Herzens geschlachtet und verzehrt.
    „Gebt schon Ruhe, ich will schlafen“, brummte sie so laut, dass sie selbst ihren eigenen, brummenden Schädel übertönte. Sie hatte einen Kater. Ein großer Teil ihrer Ladung bestand neben den Gänsen auch aus anderen Geschenken: Gewürze, Öle, Schreibwaren … und Wein. Mehrere Fässer Wein, um genau zu sein und eines davon hatte sie inzwischen in Ermangelung von anderem Trinkwasser selbst geleert. Sie konnte nicht mehr schätzen, ob sie wohl eher ertrinken, verhungern, verdursten oder an einer Lebensmittelvergiftung sterben würde. Ihre Reserven würden noch ungefähr elf Mal so lang reichen. Jetzt verstand sie jedenfalls auch, warum Seefahrer immer so trinkfest waren.
    Die Gänse schnatterten weiterhin ununterbrochen und Corsika machte sich allmählich doch mal die Mühe, den Kopf aus dem Rumpf des Schiffes zu heben und nachzusehen. Vielleicht nahmen sie ja einen großen Fisch wahr oder ein paar Möwen. Aber eigentlich erwartete die Seefahrerin das gleiche Bild, auf das sie bereits zwei Wochen lang starrte – das endlose blaugraue Meer, verschmolzen mit einem klaren oder wolkenverhangenen Himmel. Es war eigentlich nicht der Mühe wert, aber jetzt war sie immerhin schon mal wach.
    Sie erhob sich mühsam in eine sitzende Position und wurde sogleich von der Schwerkraft zur Seite gerissen. Das Gesicht voran landete sie in einer kalten, körnigen Masse. Sie fürchtete bereits, in das Gänsefutter gefallen zu sein, doch der Geschmack war ein anderer. Trocken, ein bisschen wie Seetang und es knirschte ihr zwischen den Zähnen. War das etwa … Sand?!
    „Hä? Was ist denn jetzt los …?“
    Sie rappelte sich nun zur Gänze auf und hielt sich dabei mühsam an der Wand ihres Bootes fest, das, wie sie nun erkannte, auf der Seite lag. Jetzt hörte sie allmählich zwischen all dem Vogelgeschnatter auch das Rauschen der Wellen, die im rhythmischen Takt sanft ihre Füße umspielten. Ihre müden Augen wurden immer größer und größer, als ihr Gewahr wurde, dass sie Land erreicht hatte. Das Schaukeln war vorbei! Alles, was sich drehte, war ihr Kopf und der viele Wein, der ihren hageren Körper aus dem Gleichgewicht brachte. Die Schatten offenbarten einen riesigen, teils felsigen, teils sandigen Strand, so weit das Auge reichte.
    „Land!“, schrie sie aufgeregt und griff nach einem ihrer Paddel. Gegen die Strömung war sie mit den Dingern machtlos gewesen, aber jetzt endlich konnten sie einen Zweck erfüllen. Sie taumelte etwas landeinwärts und rammte das Ruder so fest es ging mit dem Schaft voran in den Sand.
    „Gänse?! Ihr seid meine Zeugen. Ich nehme dieses Land im Namen der Familie Cabrera in Besitz. Und ich taufe dieses Eiland auf den Namen … Corsika-Eiland!“

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    Heric ist offline

    Thorniarer Umland

    Warum folge ich dem Kerl?
    Diese Frage kreiste in Herics Verstand herum wie ein Falke am Himmel, der Ausschau nach Beute – in diesem Fall: Der Antwort – hielt. Der Nordmann war offensichtlich gefährlich und hochgradig gewalttätig. Gleichwohl er keinen der Schurken getötet hatte, war ihm doch daran gelegen gewesen, eine Art Exempel zu statuieren. Im richtigen Maß angewandte Schmerzen. Es war nicht ums Besiegen an sich gegangen, sondern darum, diesem Fylip einen Denkzettel zu verpassen. Etwas, das Heric faszinierte wie erschreckte. Und trotzdem waren die Argumente dieses Mannes schlüssig gewesen. Wäre er dageblieben, hätten erst die Wächter des Ordens und später die Spießgesellen der Verbrecher fragen gestellt. Erstere gelangweilt, letztere unter Einsatz von Grausamkeiten, die Heric noch aus der Schwefelmine kannte.
    Nun waren sie abseits des Dorfes, welches vor den Toren Thorniaras lag und Weideflächen bewirtschaftete, die bis zu den Ausläufern des Gebirges und einiger Höhenzüge reichten. Der Hüne wanderte ohne Probleme, schien eine Ausdauer wie ein Wolf zu haben. Heric war es sogar, als pfiffe er leise eine Melodie, während sie dem Weg folgten.
    „Wo … wohin gehen wir?“, fragte Heric und bemühte sich dabei, die Anstrengung des Marsches nicht allzu sehr in seiner Stimme klingen zu lassen. Im Gehen wandte sich Ragnar um und schien einen Moment ehrlich überrascht.
    „Innos, ich hab‘ völlig vergessen, dass du mir ja folgst, Kleiner.“
    Zornesröte stieg dem jungen Mann ins Gesicht, wurde aber dadurch abgemildert, dass der Hüne ihn wahrscheinlich wie einen Rotzlöffel übers Knie legen konnte, ohne sich allzu sehr anzustrengen. Also räusperte er sich nur und sprach weiter:
    „Ja, ich bin Euch weiter gefolgt, Sir-“
    Fyresgrimson hatte sich wieder dem Weg zugewandt, dennoch klang seine Stimme, als er Heric unterbrach, barsch und hart wie Stahl: „Kein Sir.“
    „Entschuldigt, Si- … äh, Herr Ragnar“, Heric räusperte sich erneut, „Wohin geht es nun? Ich … also … soll … kann ich Euch …“
    Der Hüne blieb unvermittelt stehen, drehte sich um und musterte den Burschen von oben bis unten sorgfältig.
    „Kannst du kochen?“
    „Äh, einigermaßen …“
    „Mh. Sachen waschen? Nähen und sowas?“
    „Nun ja, ich kann …“
    „Halb so wild. Ich suche ja keinen neuen Knappen. Ohne mein Prädikat ist das auch schwierig. Hol’s der Beliar, Kleiner, du kannst mich begleiten.“
    Heric nickte mehrmals. „Vielen Dank, Herr Fyresgrimson.
    „Du und Ragnar reicht völlig, Jung.“ Er lächelte einen Moment, aber die Augen erreichte das Lächeln nicht. „Weißt du, warum ich dich mich begleiten lasse?“
    „Nein, wieso?“, fragte der Bursche ehrlich interessiert.
    „Weil du mich an meinen jüngsten Bruder erinnerst.“
    Darauf wusste Heric nichts zu antworten. Nach einem erneuten Räuspern fragte er nur: „War er Ritter, so wie Ihr … ähm, du?“
    Die Züge Ragnars verfinsterten sich, als würde sich eine tiefschwarze Wolke vor die Sonne schieben.
    „Ja, das war er leider. Ich brachte ihn auf diesen Weg, der ihn letztlich ins Grab führte.“
    Damit wandte sich Ragnar Fyresgrimson um und marschierte weiter. Einige Schritte weiter blieb er kurz stehen, wandte sich um.
    „Na los, Kleiner, das Stewarker Land kommt nicht zu uns. Wir müssen da schon selber hinlatschen.“

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    Corsika ist offline
    Einige Zeit später hatte sich nicht nur in Corsikas Körper, sondern auch in ihrem euphorischen Geist eine träge Ernüchterung breitgemacht. Sie hatte noch einmal ihre Seekarten studiert und mit dem Kompass um ihren Hals und dem Stand der Sterne am Firmament abgeglichen und war zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei Corsika-Eiland wohl doch um eine bereits bewohnte Insel handelte. Der ausschlaggebende Faktor war letztlich nicht einmal die Karte, denn so hervorragend waren ihre Navigationsfähigkeiten nun auch nicht – immerhin hatte sie ihr Leben lang bloß die Gewässer des Östlichen Archipels befahren. Es war vielmehr die Tatsache, dass sie am Abend, als die Sonne verschwunden war und das Land in Finsternis getaucht wurde, plötzlich die Lichter einer Stadt in der Ferne ausmachen konnte. Irgendwo im Süden wohnten also Menschen, damit konnte sie sich ihre Besitzansprüche gleich wieder in die zerzausten Haare schmieren.
    „Egal“, summte sie nachgiebig und zwang sich selbst zu einem Lächeln. „Menschen müssen ja nicht schlecht sein. Immerhin besteht so eine Chance, dass ich überlebe.“
    Sie streckte sich einmal ausgiebig und besah sich dabei ihr halb umgekipptes Boot. Die Ortschaft mochte einen halben Tagesmarsch entfernt sein; wenn sie sich auf den Weg dahin machen wollte, würde sie es mitsamt ihren Waren irgendwo hinter einem Felsen verstecken müssen. Wo Menschen lebten, da gab es auch Ungleichbehandlung und Neid. Sie wollte die guten Gewürze und den teuren Wein jedenfalls nicht einfach irgendeiner Räuberbande hinterlassen.

    „Oder ich nehme einfach den Seeweg“, murmelte sie unschlüssig. Dann könnte sie am örtlichen Hafen anlegen, einige Waren für einen Liegeplatz eintauschen und musste sich keine Gedanken um Räuber machen.
    Nicht wahr?
    Aber was, wenn sie in dieser Ortschaft genau solchen Gestalten in die Hände lief? Wenn man sie mitsamt Schiff und elf Gänsen einfach ausraubten. Dann hatte sie nichts mehr als ihr nacktes Überleben und selbst dabei war sie sich nicht sicher! Nein, hier musste sie vorausschauend agieren. So wie eine echte Piratin würde sie ein Loch buddeln und einige ihrer Waren vergraben, auf dass sie einen Notvorrat hatte, auf den sie zurückgreifen konnte. Ja, das klang nach einem Plan. Sie nahm ihr Halstuch und band es sich um das linke Auge. Jetzt war sie eine richtige Piratin mit Augenklappe. Arr!


    Ihre Gänse gackerten nach ihr, vermutlich waren sie hungrig und durstig. Bevor sich Corsika also daran machen konnte, ein Loch zu graben und sich damit körperlich zu verausgaben, sollte sie schleunigst nach etwas Trinkwasser Ausschau halten. Sie öffnete das Schloss des Gänsekäfigs und ließ die armen Tiere raus. Sie waren zwar laut, aber immerhin treu und schienen schon längst vergessen zu haben, dass Corsika vor Kurzem erst einen ihrer Leidensgenossen verspeist hatte.
    „Folgt mir, Leichtmatrosen. Im Gänsemarsch voran. Wer zuerst einen Bach oder Tümpel entdeckt, bekommt heute Abend eine Extraportion Kraftfutter.“

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    Thorek ist offline

    Bauernhof nahe Stewark

    "Verstehst du denn was von der Feldarbeit?" Nachdem Thorek das Bluttal endgültig hinter sich gelassen hatte, suchte er einen der umliegenden Bauernhöfe auf, um die Stadt später nicht als Fremder betreten zu müssen, sondern als Gehilfen eines Bauern weniger Misstrauen hervorzurufen. Doch natürlich verstand der ehemalige Ordenskrieger nichts von der Feldarbeit und es ergab auch wenig Sinn, den Bauern anzulügen. Denn spätestens nach einem Tag würde sein Schwindel auffallen.

    "Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung von der Feldarbeit..." gestand Thorek dem Bauern Gernot. "Ich bin Jäger und verstehe mich auch im Zweikampf zu behaupten." Der Bauer schaute skeptisch und dachte einen Moment lang nach. "Ich kann keine Arbeiter gebrauchen, die nichts von der Feldarbeit verstehen. Wir haben schließlich eine Stadt zu versorgen! Aber als Tagelöhner kann ich dich vielleicht doch gebrauchen!" Gernot schaute sich um, als wolle er sicherstellen, dass niemand sein Gespräch belauschen konnte. "Das Vieh reicht nicht aus, um die Stadt mit genügend Fleisch zu versorgen. Da fällt für uns Bauern nicht viel ab und das Zeug auf dem Marktplatz ist zu teuer. Tja also wenn du ein paar Hasen für uns jagen könntest... da würde ich mich für erkenntlich zeigen!"

    Thorek kannte die Gesetze nicht, die Ethorn nach Übernahme der Baronie Stewark erlassen hatte. Er konnte sich aber nicht vorstellen, dass das Jagen in den umliegenden Wäldern verboten wurde. Doch sicher konnte sich der ehemalige Ordenskrieger dabei nicht sein. "Die Wälder gehören doch König Ethorn. Ich bin kein Wilderer!" erwiderte er. Gernot hingegen war sichtlich überrascht und versuchte zu beschwichtigen: "Nicht doch! Jeder aufrechte Bürger Argaans darf in den Wäldern jagen. Gut möglich, dass dieser Rhobar das anders sieht aber unser König heißt Ethorn und der ist ein Mann des Volkes!"

    "In Ordnung! Dann will ich für dich jagen gehen! Ich besorge dir die Hasen!" erwiderte Thorek und mit einem Handschlag wurde das Geschäft besiegelt.

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    Corsika ist offline
    Corsika hatte den freundschaftlichen Wettstreit mit ihren Gänsen verloren. Wenn jemand geschickt im Aufspüren von Gewässern war, dann ja wohl diese Vögel. Sie hatten sich nur wenige hundert Schritt landeinwärts bewegt, da wurden die Gänse plötzlich unruhig und verließen ihre gut eintrainierte Marschformation. Und obwohl sie nicht fliegen konnten – die Flügel hatte Corsika ihnen bereits vor der Adoleszenz gestutzt – wussten sie sich doch erstaunlich schnell durch die Büsche zu schlagen, da kam selbst die flinke Abenteurerin nicht hinterher.
    Ihr Fund war recht beschämend. Ein Tümpel, mehr war es nicht, eigentlich konnte man gerade einmal von einer größeren Pfütze sprechen. Die Gänse waren genügsam, sie tranken sich ohne Vorbehalte satt und wenn sich Corsika nicht beeilte, würde sie am Ende noch leer ausgehen. Das abgestandene Wasser schmeckte mineralisch und schlammig, aber immerhin war es Süßwasser und kein Wein. Tagelang hatte die gestrandete Seglerin nur Wein und Regenwasser getrunken. Ihr war jede Geschmacksvariation recht.
    „Aber das reicht noch nicht“, sprach sie zu sich selbst oder zu den Gänsen. Sie hatte einen kleinen Eimer dabei, mit dem hatte sie auf der langen Bootsreise so manche Welle, die sich ins Schiff verirrt hatte, wieder herausgetragen. Den guten Eimer wollte sie mindestens randvoll füllen, sonst lohnte es sich doch kaum, schon wieder umzukehren.
    Sie verfolgte den winzigen Wasserlauf, der den Tümpel speiste und entschied, ihm noch ein wenig weiter bergauf zu folgen. Die Vegetation hier war recht dicht und sie hatte bereits erkannt, dass sie an einem Westhang unterwegs war. Die Chancen standen gut, dass sie heute Nacht noch Regen bekam. Dann konnte sie ihren Eimer auch aufstellen und vielleicht ein Loch in den Sand graben und es mit den Resten ihres Segels auskleiden, um noch mehr Wasser zu sammeln. Vielleicht könnte sie sogar ein paar Kräuter sammeln und einen Tee kochen. Dazu brauchte sie aber auch noch Feuer und das bedeutete trockenes Holz, Gräser, Feuersteine …
    „So viel zu tun“, seufzte sie und obwohl sie grundsätzlich ein Mensch voller Tatendrang war, so hinterließen zwei Wochen auf hoher See auch Spuren an ihr. Außerdem hatte sie schrecklichen Hunger.
    „Ihr könntet auch ruhig mal ein paar Eier legen, verwöhntes Geflügel“, schimpfte sie mit ihren Gänsen. Vielleicht hätte sie auf ihre Mutter hören und sich auch einige Hühner halten sollen. Die legten fast täglich Eier und schnatterten auch nicht ununterbrochen.

    Während Corsika etwas kraftlos durch das Unterholz stapfte und hier und da ein Pflänzchen, einen trockenen Ast oder einen hübschen Stein in ihren Eimer legte – denn die Spur vom Wasser hatte sie längst verloren – vernahm sie plötzlich ein leises Rascheln im Gebüsch. Ein Tier! Es schien zu flüchten, das war gut. Das hieß, es war vermutlich kleiner als sie und würde sich nicht sofort gierig auf sie werfen und ihr ein Stückchen ihres ohnehin schon schmalen Körpers herausreißen. Vielleicht war es nur ein kleiner Singvogel, aber vielleicht auch mehr. Eine Schlange? Bloß nicht! Ein Eichhörnchen, das wäre zu niedlich. Vielleicht ein Kaninchen? Ja, das würde eine vortreffliche Mahlzeit abgeben.
    Sie stöberte ein wenig durch das Buschwerk und entdeckte darin ein etwa kopfgroßes Loch. Das musste der Bau sein. Für eine Maus war der zu groß. Die Hoffnung auf ein Kaninchen wuchs, aber womöglich lebten hier auch Füchse oder diese widerlichen Molerats. Corsika widerstand dem Drang, ihren Kopf durch das Loch zu stecken und setzte sich stattdessen geduldig vor den Bau und streute eine Hand voll vom Kraftfutter der Gänse aus. Wenn sie Glück hatte, lief ihr das hungrige Essen direkt in die Arme.

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    Corsika ist offline
    Sie hatte kein Glück.

    Vielleicht besaß der Kaninchenbau einen geheimen Hinterausgang, vielleicht knurrte ihr Magen auch so laut, dass sich das kleine Tier einfach nicht heraustraute. Woran auch immer es lag, Corsikas Geduld war schnell aufgebraucht und sie trottete missmutig in Richtung des kleinen Tümpels zurück, sammelte ihre Gänse ein und begab sich anschließend wieder an den Strand, nur um festzustellen, dass ihre Unruhe sie mal wieder vor größerem Ärger bewahrte. Während ihrer Abwesenheit hatte die Flut den Uferstreifen nämlich erheblich verschmälert. So weit, dass ihr Boot sich jeden Augenblick in Bewegung setzen mochte und ihr auf und davon schwamm.
    „Oh nein-nein-nein-nein-nein! So nicht!“
    Hastig schnappte sie nach der Leine und zerrte die alte Nussschale mit aller Kraft weiter ins Landesinnere. Die Kraft des Wassers hatte das Boot wieder in die aufrechte Position gekippt, das erleichterte ihr Manöver erheblich. Dennoch schabte der teils sandige, teils steinige Boden mit einem Geräusch über das Kiel, welches Corsika eine Gänsehaut bescherte. Sie könnte froh sein, wenn ihr Schiff nach dieser Aktion nicht Leck schlug.

    Sie hörte erst auf mit Ziehen, als sie das Gefährt bis hinter einen Baum geschleift hatte. So weit würde das Wasser unter normalen Umständen nicht reichen, da war sie sich sicher. Erst dann ließ sie sich auf den nassen Boden fallen und atmete einen Moment durch. Ihre Arme brannten wie Feuer, aber dafür war ihr zumindest nicht kalt. Lange würde dieser Zustand nicht anhalten. Wenn sie daran dachte, dass sie jetzt auch noch ein Feuer machen musste, um unangenehmes Viehzeug fernzuhalten und sich selbst Wärme für die Nacht zu spenden, wurde ihr beinahe schlecht. Sie hatte Hunger und keine Lust. Das war alles doof und wenn sie sich eben nicht verzählt hatte, war ihr auch eine ihrer Gänse entlaufen.
    „Boah ne, die kommt entweder von alleine wieder oder sie hat Pech gehabt. Ich werde jetzt jedenfalls nicht den ganzen Strand entlanglatschen, um das Geflügel wieder einzufangen.“
    Trotzig begann Corsika damit, ihr Lager für die Nacht aufzuschlagen. Mit einem winzigen Feuer, einem Eimer zum Auffangen von Regenwasser und einem provisorischen Unterschlupf aus ihrem Boot, über welche sie das löchrige Segel spannte. Die verbleibenden Gänse sammelte sie ein und steckte sie in ihren Käfig. Nur eine von ihnen drückte sie fest an sich, denn sie brauchte die Wärme jetzt einfach.
    „Jetzt hör auf zu schnattern oder ich verarbeite dich direkt zu einem Kissen, haben wir uns verstanden?“
    Sie wollte plötzlich keine Piratin mehr sein. Sie wollte wieder heim.

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    Lehrling Avatar von Corsika
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    Corsika ist offline
    Als Corsika am nächsten Tag erwachte, sah die Welt schon viel trüber aus. Ein Küstennebel lag über dem Land, so dicht, dass sie ihn beinahe mit ihrem kleinen Messer schneiden konnte. Am liebsten würde sie so lange in ihrer provisorischen Bettstatt liegen bleiben, bis sich die liebe Sonne erbarmte, den Dunst mit einem Strahl Wärme und Herzlichkeit zu vertreiben, doch ihr leerer Magen erinnerte sie immer wieder daran, dass ihre Lebenszeit endlich war, wenn sie nicht langsam mal etwas Frisches zu essen auftrieb.
    Sie prüfte ihren halb eingebuddelten Eimer und stellte glücklich fest, dass es sich darin eine Mischung aus Regenwasser und kondensierten Nebeltröpfchen bequem gemacht hatte. Gierig trank sie davon; wenngleich es kaum mehr als eine kleine Tasse voll war. Dazu knusperte sie noch ein bisschen vom Kraftfutter, das sie sich mit den Gänsen teilte. Zu ihrer Enttäuschung musste sie jedoch feststellen, dass ein Teil davon schon nass und gammelig geworden war. Nicht gut. Sie ließ das Vogelvieh aus dem Käfig und brachte es zu dem Tümpel von gestern, der sich immerhin wieder ein wenig mit Wasser gefüllt hatte. Dort überließ sie die Vögel erst einmal ihrem Schicksal. Wenn es in der Nähe größere Raubtiere gab, hätten sie die junge Frau und ihre Gänse sicher schon gewittert. Da konnte Corsika sich gleich wieder glücklich schätzen. Ja, Glück und Pech gingen auf ihrer Reise wahrlich Hand in Hand. Ihre Situation war nicht besonders schlecht, aber auch nicht besonders gut. Es lag an ihr selbst, nicht den Mut und Optimismus zu verlieren. Sie könnte sich auf den Weg in Richtung der fremden Siedlung machen, die sie gestern gesehen hatte. Gleichzeitig fürchtete sie um ihre sichere kleine Oase, die sie sich hier an der Küste geschaffen hatte. Eine falsche Entscheidung und sie könnte alles verlieren.
    „Wenn du mal nicht weiterweißt, arbeite dich häppchenweise voran“, hatte ihre kluge Mutter ihr mal gesagt. Was würde sie jetzt für ein paar Häppchen geben!

    Schweren Schrittes besuchte sie den kleinen Bau, in dem sie Kaninchen vermutete. Gestern hatte sie ein bisschen vom Gänsefutter davor gestreut. Es war verschwunden. Vielleicht hatten sich andere Vögel darüber hergemacht, vielleicht auch die Kaninchen. Corsika blieb eine Weile einfach vor dem Bau sitzen und starrte in das leere Dunkel hinein. Dann wurde sie von ihrer Neugier übermannt und streckte die Hand in das Loch. Wenn nur eine winzige Chance bestand, dass sie darin ein pelziges Frühstück zu greifen bekam, musste sie einfach zuschlagen. Doch es kam anders, als sie vermutete.
    Der Bau war äußerst instabil; die Wand brach in dem Moment zusammen, in dem sie hineingriff und offenbarte den Eingang in einen viel größeren Raum. So groß, dass sie darin problemlos stehen konnte. Das war eine richtige Wohnhöhle! In ihrer Mitte konnte Corsika sogar die Reste eines längst ausgebrannten Lagerfeuers ausmachen. Schien so, als ob hier vor langer Zeit schon mal jemand gestrandet war und diesen Ort als sicheren Rückzugsort zu schätzen wusste. Wenn das mal kein gutes Versteck für ihre Wertsachen war, dann wusste sie auch nicht.

  18. Beiträge anzeigen #78 Zitieren
    Lehrling Avatar von Corsika
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    Corsika ist offline
    Es hatte fast einen halben Tag gedauert, aber endlich waren sämtliche Güter, die Corsika auf ihrem Segelboot transportiert hatte, in der kleinen Höhle verstaut, inklusive der Gänse, welche – das war ein ziemlicher Vorteil – es aus eigener Kraft nicht aus der Höhle hinausschaffen würden, da der Einstieg nur über eine gewisse Kletterpartie möglich war. Das Feuermachen ging ihr bei trockenen Verhältnissen auch ganz gut von der Hand, ja sie hatte sogar ein paar Dunkelpilze entdeckt, die ihr durchaus als essbar bekannt waren. Am liebsten würde sie sie braten, jedoch, es fehlte ihr an einer Pfanne. Aber sie war gewitzt und suchte sich einige gerade Stöckchen, auf die sie die Pilze spießen konnte. So gab es zumindest eine Portion Stockpilz. Die Mahlzeit war klein, aber zumindest bekömmlich und für den Moment war sie mit sich selbst im Reinen und halbwegs zufrieden. Sie gönnte sich sogar einen Schluck vom Wein, von dem sie noch immer zwei Fässer besaß und richtete sich eine Bettstatt ein, so gemütlich, wie sie es sich mit einigen Kleidern und dem alten Segel eben machen konnte.
    Die Nacht war schon wieder angebrochen und heute würde Corsika sicher nicht mehr rausgehen. Sie war aber eine unruhige Seele und sehnte sich nach Ablenkung und Unterhaltung. Die Gänse schliefen bereits; sie waren ihr aber auch keine sonderlich guten Gesprächspartner. Wenn ihr früher langweilig war, hatte sie ganz gern gezeichnet und geschrieben. Tinte und Feder hatte sie sogar bei sich, nur das Papier war völlig durchnässt und nicht mehr zu gebrauchen.
    Ihr Vater hatte ihr mal von Menschen einer früheren Kultur erzählt, die weder Papier noch Tinte besaßen. Sie hielten ihre Gedanken und Gefühle durch Zeichnungen an Höhlenwänden fest. Corsika wollte das auch ausprobieren und tunkte ihre Finger in die Tinte. Sie könnte ja für den Anfang einfach eine ihrer Gänse malen, doch die Tinte war dünnflüssig und wollte nicht so recht an der Wand haften. Mit Blut ging es sicher besser, aber das wollte sie sich nun wirklich nicht selbst abzapfen. So weit ging ihre Liebe zur Kunst nun auch nicht. Aber vielleicht funktionierte es, wenn sie ein bisschen von der Holzkohle des Feuers, der Tinte und etwas Pilzpampe mischte? Die Konsistenz wurde schon etwas besser, aber die Farbe war nun derart dunkel, dass sie an der grauen Höhlenwand gar nicht mehr zu erkennen war. Frustriert legte Corsika die Mischung beiseite und warf sich in ihr Bett.

    Nach wenigen Augenblicken stand sie wieder auf, kehrte zur Pampe zurück und tunkte ihre Finger hinein. Sie strich sich ein bisschen davon ins Gesicht. Viele Wilde nutzten Kampfbemalung, um ihre Feinde abzuschrecken. Wie eine Wilde fühlte sie sich unlängst, das konnten ruhig auch alle anderen sehen.

  19. Beiträge anzeigen #79 Zitieren
    Lehrling Avatar von Corsika
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    Corsika ist offline
    Allmählich hatte sich eine ungewollte Routine in Corsikas Alltag geschlichen, die ihr zunehmend missfiel. Sie wachte morgens auf, schürte die Glut, verließ die Höhle, ließ die Gänse an den Tümpel, sammelte Wasser, suchte die Gegend nach Kräutern, Pilzen und Beeren ab, lernte die Umgebung kennen, sammelte Feuerholz, holte die Gänse wieder ab, kehrte zur Höhle zurück, aß und schlief. Es genügte zum Überleben, doch was war das für ein Leben? Sie musste sich endlich aufraffen und diese Stadt besuchen, deren Lichter sie vor Tagen an einer klaren Nacht am Horizont ausgemacht hatte. Ihre Wertgegenstände waren verstaut, ihr Messer würde mit zunehmender Bearbeitung des Feuerholzes auch nicht schärfer werden, die Gänse hatten noch genug Futter, um ein paar Tage allein über die Runden zu kommen und die Küstengegend schien soweit sicher zu sein, dass selbst ein blutiger Überlebensamateur wie sie noch nicht ins Gras hatte beißen müssen. Im übertragenen Sinne versteht sich. Praktisch hatte sie schon so ziemlich jede Pflanze probiert, die ihre nackten Füße unterscheiden konnten. Es fehlte an nahrhaften Dingen, an Fisch, an Fleisch! Am Strand hatte sie einige Krabben gefunden, doch deren Fleisch war dermaßen zäh, dass es ihr in den Wangen kniff und das waren nicht mal die mit den dicken Zangen. Der Hase, den sie sich vor einigen Tagen eingebildet hatte, war wohl auch nur ein weißes Karnickel gewesen – gekrochen aus dem Hut eines Zauberers und im Nebel der Illusion verschwunden.
    „Es reicht wirklich.“ Corsika klatschte sich in die Hände und löschte ihr Feuer. Sie würde diese langweilige Höhle hinter sich lassen. Hier und jetzt. Sie war viel zu jung und viel zu schön, um an einem Ort wie diesem zu versauern.
    „Macht es gut, Gänse! Ich komme mit Verstärkung zurück und werde euch ebenfalls in die Freiheit geleiten. Habt Vertrauen!“
    Das Vogelvieh war verdächtig ruhig. Corsika sollte es nur recht sein. Wenn sie wehleidig schnatterten, würde sie nur schwach werden und zurückblicken. Sie schnappte sich ihr kleines Bündel mit Proviant und krabbelte zum Höhlenausgang. Die Freiheit kitzelte bereits in ihrer Nase, jedoch …

    Ein markerschütterndes Brüllen hallte plötzlich durch das finstere Buschwerk. Irgendeine gewaltige Bestie musste da draußen gerade auf einem Streifzug sein. Corsika musste sich die Hände auf den Mund legen, sonst hätte sie noch einen Angstschrei losgelassen. Stattdessen entfuhr ihrem Körper lediglich all ihr Mut.
    „V-vielleicht ja morgen …“

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    Provinzheld Avatar von Die Feuernovizen
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Die Feuernovizen ist offline
    „Mist! Mist! Mist! Warum muss ausgerechnet mir das wieder passieren? Ich kann und will das einfach nicht glauben! Tiiiiiimo? TIIIIMOOO!“
    Mit einem Stock bahnte sich Dion mühsam seinen Weg durch das Unterholz und fluchte leise, wenn er mal wieder durch einen Dorn oder einen spitzen Ast einen unangenehmen Kratzer davontrug. Seine Beine waren bereits übersäht mit Schrammen. Warum mussten die Adlatenroben auch so kurz sein? Zumal es zu dieser Jahreszeit morgens und abends und manchmal sogar tagsüber noch immer ziemlich frisch war – die Feuermagier, die hatten es gut mit ihren langen, gefütterten Roben…

    Im Moment war das allerdings nichts Dions Hauptproblem. Viel schlimmer war die Tatsache, dass eine der Ziegen fehlte. Da drehte er sich einmal kurz um, und schon waren es nur noch elf statt einem vollen Dutzend! Okay, gut, vielleicht hatte er sich nicht nur kurz umgedreht, sondern war dabei auch ein klitzekleines bisschen eingeschlafen, nachdem er sowohl die Schafswurst als auch den halben Brotlaib und das Stück Käse, die zusammengenommen seine Tagesration gewesen waren, zum zweiten Frühstück verputzt hatte. Aber er hatte eben Hunger gehabt! Und dann war er müde gewesen! Und wer sollte ihm das auch verübeln? Ziegen hüten war nun Mal nicht gerade der spannendste Job auf Innos‘ grüner Erde! Diese Magier, die den ganzen Tag Experimente machen durften, bei denen es knallte und stank, oder die Paladine, die ständig aufregende Abenteuer erlebten und gegen Orks und Drachen kämpften, die hatten gut reden. Denen war sicher nie langweilig! Sollten die doch mal versuchen, stundenlag einfach nichts tuend dazusitzen und einem Dutzend Ziegen dabei zuzuschauen, wie sie eben… Ziegendinge taten! Manchmal machten sie ja schon lustige Sachen, ja, gut, aber die meiste Zeit fraßen sie halt. Und das wars.

    „TIIIIMOOOOO!“
    Natürlich musste es ausgerechnet Timo sein. Der kleine schwarze Teufel. Die jüngste, kleinste und frechste Ziege der Herde. Schwarz wie Beliar und mindestens genauso durchtrieben, wenn nicht gar noch schlimmer!
    Alle anderen Ziegen waren brav, sie trotteten Dion hinterher, wo auch immer er sie hinführte, rupften einfach hier und da Blätter und junge Triebe von den Bäumen und kauten darauf herum, was sie immer besonders klug aussehen ließ (nicht). Nur nicht Timo. Der machte ständig Ärger, sprang wie von einem Kobold besessen über die Weide, zettelte Kämpfe mit anderen Ziegen an, schmiss Gegenstände um und veranstaltete überhaupt Chaos, wo er nur konnte.

    Manchmal hatte Dion den Verdacht, dass Timo das wirklich mit Absicht machte, um ihn in Schwierigkeiten zu bringen. Wie damals, als der kleine Ziegenbock den Primus Gabriel mit einem gezielten Stoß seiner Hörnchen in dessen Kniekehlen zum Straucheln gebracht hatte, so dass der hochnäsige Priester in die Viehtränke gefallen war. Dion hatte sich nicht beherrschen können und losgeprustet, was ihm fast drei Wochen Straffegen bei halber Ration eingebracht hatte. Und alles nur wegen Timo! Andererseits… Dion musste ein wenig schmunzeln – andererseits war es das auch irgendwie wert gewesen…

    Aber jetzt war Timo verschwunden, und das war viel schlimmer! Dion hatte nicht einmal eine Ahnung, in welche Richtung er entlaufen sein konnte. Auf gut Glück schlug der Adlatus sich durchs Unterholz und rief den Namen des bockigen Böckchens. Aber er bekam keine Antwort. Kein spöttisches Määäh!, nicht einmal ein Rascheln zwischen den Sträuchern! Dions Hoffnung sank und sank.
    Wie sollte der kleine Timo da draußen nur überleben? Er war doch noch so klein, und so übermütig! Seine Hörnchen waren winzig, noch lange nicht stark und spitz genug, dass er sich gegen Angreifer wehren könnte, und er kannte doch noch nicht einmal den Unterschied zwischen Hakenwurz und Knorrwurz!

    Dion seufzte schwer, als er eine kleine Lichtung mit einem Tümpel betrat. Er war erschöpft und hungrig, seine Füße taten ihm weh und sein Hals war schon ganz rau vom ständigen Rufen. Frustriert ließ er sich auf einem umgestürzten Baum neben dem Tümpel nieder, während die Ziegen – die elf, die nicht davongelaufen waren – sich an dem Wasser gütlich taten oder einfach dekorativ in der Gegend herumstanden.
    So wurde das nichts… Indem er einfach querfeldein rannte und Timos Namen brüllte, würde er das Böcklein nicht wiederfinden. Er brauchte einen… einen Plan! Irgendeine Idee!
    Um besser nachdenken zu können, holte er seine kleine Panflöte hervor und fing an, eine leise Melodie zu spielen, eine Melodie, wie nur er sie dem Instrument entlocken konnte. Er hatte die Flöte selbst gebaut und sie klang – nach den üblichen Maßstäben – ein wenig schief, aber er hatte sich so sehr daran gewöhnt, dass er mit seiner Spielweise die schiefen Töne ausgleichen konnte. Damit war er der Einzige, der auf seiner Flöte wirklich zu spielen wusste.

    Plötzlich erhielt er eine Antwort. Nur leider nicht einmal annähernd eine, wie er sie sich erhofft hatte. Statt Timos frechem Meckern, das immer so klang, als würde der kleine Ziegenbock ihn auslachen, ertönte ein langgezogenes, tiefes Brüllen von…
    Von viel zu nah!
    Dion war aufgesprungen und rannte schon in Richtung des schützenden Unterholzes, bevor sein Geist überhaupt bemerkte, was sein Körper gerade tat. Erschöpfung, Hunger, schmerzende Füße – alles vergessen! Er musste sich verstecken, irgendwo, und zwar so schnell wie möglich!
    Nachdem er ein paar Schritte kopflos in den Wald gerannt war, blieb er kurz stehen und sah sich gehetzt um. Da! Oh, wenigstens einmal war ihm das Glück hold! Das sah aus wie der Eingang zu einer kleinen Höhle. Dort konnten er und seine Ziegen sicherlich Schutz finden!
    Ohne eine Sekunde Zeit zu verlieren, rannte Dion zu der Höhle und zwängte seinen nicht direkt ranken und schlanken Leib durch den engen Spalt. Die Ziegen folgten ihm, und als er endlich drinnen war, wo sich ein größerer Hohlraum auftat, kamen sie eine nach der anderen hinterhergesprungen.
    „… acht… neun… zehn… elf! Ah! Alle da, sehr gut!“, seufzte er erleichtert und lehnte sich an die Felswand, wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn.
    Stutzte, als er plötzlich erbostes Schnattern aus dem Inneren der Höhle vernahm. Schnattern wie von… Gänsen?
    Seit wann lebten Gänse in Höhlen?
    Dion blinzelte, in der Hoffnung, dass sich seine Augen dadurch schneller an die Dunkelheit gewöhnten, und schaute in die Höhle. Langsam schälten sich Konturen aus den Schatten.
    Gänse…
    Und zwischen ihnen saß eine junge Frau.
    „Ach du meine Nase!“, stammelte Dion und wurde knallrot im Gesicht.

    Tak

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