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    Kämpfer Avatar von Felia
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Felia ist offline
    Mit einer uncharakteristischen Nervosität tippelte Felia seit einigen Minuten vor der Tür zur Bibliothek umher. Sie hätte gerne von sich selbst behauptet, sie sei wie eine wunderschöne und stolze Raubkatze, die ihre Beute fest im Blick hatte und vorsichtig um sie herumschlich, in Wahrheit aber - und diese Wahrheit würde auf immer eine unausgesprochene bleiben - war sie ein ebenso wunderschöner und stolzer Stubentiger, der bei geöffneter Haustür darüber sinnierte, was ihn da draußen in der weiten Welt erwarten würde und ob es sich wohl lohnen würde für das Unbekannte die bequeme, warme, sicherere Wohnung zu verlassen.
    Sie seufzte. Es würde ja doch nichts bringen. Irgendwann musste sie in dieses Gebäude, um Curt abzuholen. Denn er wirkte durchaus wie eine Person, die beim Schmökern in einem alten Folianten die Zeit, seine Liebste und allem voran die Prüfung des Feuers vergaß.
    Todesmutig öffnete sie Tür einen winzigen Spalt breit und quetschte sich auf Zehenspitzen hindurch.

    »Ahhh! Seid gegrüßt.«
    Felia zuckte merklich zusammen.

    Vorbeihuschen bestand zumeist aus zwei voneinander unabhängigen, aber gleichsam wichtigen Teilen: Eine vorbeihuschende Person musste zuerst einmal unerkannt bleiben. In aller Regel diente das Vorbeihuschen schließlich dem Zwecke des schnellen wie unentdeckten Vorankommens. Ein Erkanntwerden führte demnach jegliche Huscherei ad absurdum. Zweites beinhaltete jeder Huschversuch stets auch zu einem nicht unerheblichen Teil den Aspekt der Geräuschlosigkeit. Anderfalls wären unter Umständen auch ein vorbeistiefeln, vorbeistürmen, vorbeirennen, vorbeilaufen oder vorbeipoltern möglich. Nein - wer huschte, huschte leise.
    Es war der wachsame Blick des alten Magiers, der den ersten, und der laute Ausruf der Entzückung, der wiederum den zweiten Teil des Plans der Vorbeihuscherei unwiederbringlich zunichte machte.

    Die entdeckte Novizin, für die es zugegeben ein absolutes Novum war, nicht gesehen wollen zu werden, stapfte demotiviert auf den alten Magier zu. Ein Lächeln verbarg ihre Enttäuschung.
    »Innos zum Gruße, Novizin. Ihr müsst neu im Orden sein.«, begrüßte Vestos sie überschwänglich freundlich. Und er lag nicht gänzlich falsch. In ihrer Zeit im Orden hatte Felia kein einziges Mal einen Fuß in die Bibliothek gesetzt. Der Gedanke daran, sich mit dem Inhalt staubiger, alter, abgegriffener Bücher zu befassen, war auf vielerlei Ebenen wenig erfüllend für Felia.
    »Innos zum Gruße, Meister.«, gab sie halblaut zurück, um die Lesenden nicht zu stören. Sie verbeugte sich standesgemäß vor dem älteren Herrn, setzte aber gleich an, um ihm nicht die Möglichkeit zu geben, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Vestos war für Vieles bekannt, laut der Novizinnen und Novizen, die diesen Ort hier häufiger frequentierten, aber insbesondere für seine Geschwätzigkeit. Ein zugegeben ungewöhnliche Eigenschaft für einen Bibliothekar. »Ich fürchte, es gibt dringende Ordensangelegenheiten, die ich mit meinem... die mit Bruder Curt zu besprechen sind.«
    »Curt schein ein beliebter Novize zu sein. Ihr seid bereits die zweite Person, die ihn heute aufgesucht hat. Ihr findet ihn in Reihe 12D. Dort befindet sich ein Tisch, der eigentlich nicht zu übersehen ist.« Mit einem freundlichen Lächeln deutete der Magier in die Richtung, in der sich vermeintlich ihr bärtiger Liebster aufzuhalten schien.

    Zum zweiten Mal am heutigen Tage näherte sich Felia auf leisen Sohlen.
    »Warum denn so errötet, Bruder Curt?« Sie schmunzelte ihn verschmitzt an und beugte sich zu ihm herab, bis ihre Gesichter sich beinahe berührten. »Habt ihr etwa an etwas... Unanständiges gedacht, Bruder?«, flüsterte sie ihm süffisant grinsend ins Ohr und genoss es für einen Augenblick lang, wie er nervös auf dem Stuhl herumrutschte.

  2. Beiträge anzeigen #62 Zitieren
    Sleeping Dragon Avatar von Françoise
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Françoise ist offline
    »Nur noch diese Treppe hinauf.«, sagte eine Stimme. Fußgetrappel folgte und ließ die Oberste Feuermagierin aufhorchen. Ein Novize stieg als erstes in die Falltür, gefolgt von einem Unbekannten. Es war ein hochgewachsener Mann mit welligem, schwarzen Haar. Seiner Statur nach zu urteilen, ging er schwerer körperlicher Arbeit nach. Ein Detail, welches Françoise half, den Besucher einzuordnen.
    »Eminenz!«, sagte der Novize und verbeugte sich tief. »Dies ist Meister Domai, Vorarbeiter in den hiesigen Minen.«
    Im Gegensatz zum Novizen machte Domai keine Anstalten, sich zu verbeugen. Statt dessen verschränkte er die Arme vor der breiten Brust und nickte der Priesterin lediglich zu. Allein dem ersten Eindruck nach zu urteilen, hatte der Hüne offenbar wenig übrig für Autorität oder die Kirche. Dem Novizen war die Situation augenscheinlich sehr unangenehm.
    »Ich danke dir.«, sagte die Priesterin zu ihm und wies ihn mit einer Geste an zu gehen. Domais Augen folgten kurz dem Novizen, bevor er sich wieder Françoise zuwandte.
    »Ich grüße dich. Vielen Dank, dass du gekommen bist.«, sagte die Oberste Feuermagierin.
    »Wir duzen also?«, fragte der Vorarbeiter. »Soll mir Recht sein. Weshalb bin ich hier? Feuermagier und Minen vertragen sich meistens nicht gut.«
    Die Unverblümtheit des Mannes amüsierte Françoise. Es zeugte von einem gesundem Selbstbewusstsein, gegenüber der mächtigsten Feuermagierin dieser Welt einen derartigen Ton anzuschlagen. Für die Priesterin war es ohne Bedeutung. Sie definierte sich nicht durch ihre Stellung.
    »Ich bin auf der Suche nach seltenen Gesteinsformationen.«, antwortete Françoise. »Geologie ist ein äußerst spannendes Themengebiet und ich möchte mir ein Bild davon machen, wodurch sich das argaaner Gebirge auszeichnet.«
    »So? Was denn genau für Gestein suchst du? Magisches Erz? Bluterz? Davon gibt es hier kaum etwas. Meine Arbeiter würden ihre Zeit mit der Suche danach verschwenden.«
    »Nein, ich suche nach anderen Sorten von Erzen. Alles was selten und ungewöhnlich ist.«
    Domai schnaubte.
    »Es ist keine gezielte Suche und deine Männern sollen lediglich nach diesen Dingen Ausschau halten. Und sie für mich beiseite legen.«
    »Hm, wenn es weiter nichts ist. Natürlich wird uns das von der eigentlichen Arbeit abgeknapst.«
    »Wofür ich dich kompensieren werde.«
    »Mich und meine Männer.«
    »Selbstverständlich. Bringt alles was ihr findet zum Tempel. Die Novizen werden es in Empfang nehmen und euch entlohnen.«
    »Gut. Was wenn wir nichts ungewöhnliches finden? Die Arbeit haben wir trotzdem.«
    »Euer Aufwand wird nicht umsonst sein. Du hast mein Wort darauf.«
    »Feuermagier sprechen immer wahr, heißt es. Mal gucken, ob es stimmt.«
    Françoise lächelte amüsiert und nickte.
    »Wenn das alles ist? Ich muss mich um den Schichtwechsel kümmern.«
    »Dann bleibt mir nichts anders als dir und natürlich deinen Männern Glückauf zu wünschen.«
    Für einen Moment guckte Domai die Priesterin verwirrt an.
    »Ja, danke. Ähm, Innos zum Gruße und guten Abend.«

  3. Beiträge anzeigen #63 Zitieren
    Veteran Avatar von Curt
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Curt ist offline
    „Nur an dich, meine Liebe“, erwiderte Curt flüsternd und mit einem kaum merklichen Grinsen in den Mundwinkeln. Bei inzwischen so regem Betrieb in der Bibliothek würde es ihn nicht wundern, wenn auch Gabriel hinter irgendeinem Bücherregal hockte und ihn heimlich ausspionierte. Jetzt galt es, die Fassade aufrecht zu erhalten.
    „Meine Gedanken lasse ich dich gern lesen, sieh es als Anreiz, den Telepathiezauber des dritten Kreises zu erlernen.“ Er stockte einen Augenblick und rieb sich nachdenklich durch den Bart. „Ich habe mich noch nie gefragt … muss man für das Gedankenlesen eigentlich auch richtig lesen können?“
    Sein wacher Blick wanderte zu Felias wunderschönem Gesicht, kurz zu seinen Notizen und wieder zurück. Er hatte sie vermisst, dabei war sie doch kaum ein paar Stunden fortgewesen.
    „Nun, zumindest das mit dem Lesen können wir bald angehen. Hier.“
    Er reichte ihr einen kleinen Stapel Pergamente. Das Gedicht der obersten Feuermagierin und zahlreiche Abschriften aus den Büchern.
    „Damit können wir lernen. Aber ich werde dir als Motivation auch ein paar rühmende Zeilen dichten. Lobgedichte auf deine Schönheit, Klugheit und Anmut. Aber erst einmal sollten wir uns um die Prüfung kümmern. Ich habe einiges in Erfahrung bringen können, doch die Bücher haben Ohren. Eselsohren könnte man sagen.“
    Er dachte an Rüdiger und musste grinsen. Er liebte Wortspiele.
    „Führ‘ mich irgendwohin, wo wir unter uns sein können. Wo wir in Ruhe … reden können.“

  4. Beiträge anzeigen #64 Zitieren
    Kämpfer Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline

    Die Zitadelle

    Es stellte sich heraus, dass das offizielle Aufkündigen eines Immunitätsabkommen sehr viel mehr bürokratischen Aufwand erforderte, als die einstigen Nutznießer einfach nur darüber zu informieren. Jeder Einzelne musste einen personalisierten Beschluss mit Unterschrift und Siegel des amtierenden Statthalters erhalten sowie eine Abschrift der in Thorniara geltenden Gesetze. Besonders die Abschrift machte die Aufhebung der Akkreditierung zu einem zeitaufwendigen Unterfangen, auf die die Zitadelle gerne verzichtet hätte. Doch so war es in einer alten und seit Jahrzehnten unveränderten Richtlinie festgelegt worden, die die Stadtverwalter auch unbedingt einzuhalten hatten. Würde die Aufkündigung des Immunitätsabkommen nicht genau so erfolgen, wie es vorgegeben war, hätte man sie jederzeit anfechten können.

    "Na endlich!" stieß der Stadtverwalter Simon aus, als er die letzten notwendigen Unterlagen ausgefertigt hatte. Insgesamt sollten vierzehn Mitglieder der ausländischen Händlergilde ihre Akkreditierung per sofort verlieren und fortan wieder als Bewohner ohne Bürgerschaftsurkunde gelten, sollten sie sich nicht zuvor um eine solche bemüht hatten. Ganz zum Erstaunen des Stadtverwalters, gab es tatsächlich nur drei Mitglieder dieser Händlergilde, die über eine Reichsbürgerurkunde verfügten - und das waren vornehmlich diejenigen, die auch Eigentum in Thorniara hielten und genau dafür eine solche Urkunde brauchten. Das meiste Eigentum wurde jedoch von der Gemeinschaft selbst gehalten, die es an ihre Mitglieder zu günstigen Konditionen vermietete. Das konnte sich zumindest aus den Dokumenten entnehmen, die die Zitadelle von der Händlergilde erhalten hatte.

    Noch immer war dem Stadtverwalter die Kooperationsbereitschaft der Händlergilde suspekt gewesen. Er konnte einfach keinen Sinn darin erkennen, warum sie sich durch Aufkündigung des Immunitätsabkommens selbst benachteiligte und obendrein auch noch vertragliche Vereinbarungen mit den jeweiligen Mitgliedern gegenüber der Zitadelle offenlegte. Der Fakturist hatte das als Zeichen des Vertrauens kommuniziert. Doch die Stadtverwalter erkannten darin eine Chance, die sie nicht ungenutzt lassen durften. Es war der mäßigen Versorgungslage von Thorniara geschuldet gewesen, dass man der Händlergilde einen großzügigeren Handlungsspielraum gewährte und ihr so Möglichkeiten zubilligte, die den einheimischen Händlern verwehrt blieben. Doch die Situation der Hafenstadt hatte sich stabilisiert und es brauchte keine Gemeinschaft ausländischer Händler mehr, um die Versorgung der Bürgerschaft sicherzustellen. Grund genug also, zu überprüfen, ob die Händlergilde tatsächlich nur rechtmäßige Mittel einsetzte, um ihre angeblich so edlen Ziele zu erreichen. Die zur Verfügung gestellten Dokumente kamen der Zitadelle also sehr gelegen.

    Doch Simon wollte sich auch keine falschen Hoffnungen machen. Auch wenn sich die Gemeinschaft offen und hilfsbereit zeigte, so war sie noch immer eine machtgesteuerte Interessenvertretung, die ihre eigenen Vorteile auch auszuspielen wusste. Es war also nicht ausgeschlossen, dass die offengelegten Unterlagen gar nicht der Wahrheit entsprachen oder wichtige Informationen dazu zurückgehalten wurden. Indem jedoch die Immunität der Mitglieder aufgehoben wurde, hatte man immerhin wieder einen breiten Koffer voller Werkzeuge zur Verfügung, um die Interessen der Stadt zu wahren und offensiv durchzusetzen.

    "Die Dokumente zur Aufhebung der Akkreditierung sind fertig. Sie können durch einen Boten zugestellt werden." informierte Simon den hohen Stadtverwalter Hadvar. Dieser nickte zufrieden und wollte alles Notwendige dazu in die Wege leiten.

    Maximus

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    Kämpfer Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline

    Das Reichenviertel, Anwesen des Grafen

    Zwar wurde Adalbert bereits vor geraumer Zeit zum Hofmeister ernannt, doch weil noch immer kein Ersatz für ihn als Kammerdiener gefunden worden war, kümmerte sich Adalbert auch noch weiterhin um einen Teil der niederen Aufgaben, die im Anwesen des Grafen anfielen. Glücklicherweise wurde er dabei tatkräftig durch die Dienstmagd Maria unterstützt ohne die er das große Anwesen wohl kaum so sauber halten könnte. Eigentlich gehörte auch noch Jonathan zu den Dienstboten des Grafen, doch der hatte sich zu viele Fehler geleistet und wurde kurzerhand zu Pregorius Amiel geschickt, der das Handelskontor im Händler- und Handwerkerviertel führte.

    Zuverlässigen und vor Allem vertrauenswürdigen Ersatz für einen Dienstboten zu finden, gestaltete sich schwieriger, als man es in einer so großen Hafenstadt wie Throniara erwarten würde. Das lag vor Allem an den hohen Anforderungen des Grafen, die einen Großteil der verfügbaren Arbeitskräfte bereits aussortierte. Nicht noch einmal wollte er Zeit und Ressourcen verschwenden, indem er weniger geeignetes Personal einstellte, das ihm obendrein auch noch schlecht gegenüber seinen Geschäftspartnern aussehen lassen könnte. So vergingen Wochen und Monate ohne dass ein weiterer Dienstbote im Anwesen des Grafen beschäftigt wurde. Gelegentlich musste Adalbert für niedere Botengänge sogar wieder auf Jonathan zurückgreifen, um nicht selbst zum Überbringer einer unbedeutenden Nachricht zu werden.

    An diesem Tag aber sollte sich ein junger Mann vorstellen, der bereits für einen angesehenen Bürger der Stadt gearbeitet hatte und der zudem von Leptin, dem Koch des Burggrafen, empfohlen wurde. Als es an der schweren Eingangstür klopfte, stellte Adalbert zudem erfreulich fest, dass der junge Mann auch noch etwas von Pünktlichkeit verstand. Nachdem Bragan die Tür geöffnet und den erwarteten Besucher durchsucht hatte, durfte er eintreten und wurde sogleich vom Hofmeister begrüßt: "Willkommen im Anwesen des Burggrafen von Verdistis! Mein Name ist Adalbert, ich bin hier der Hofmeister und dein künftiger Vorgesetzter, sollte die Exzellenz von deiner Eignung überzeugt sein!" Der junge Mann deutete ein Nicken an und erwiderte freundlich: "Vielen Dank, mein Herr. Ich heiße Antonio und bin dankbar dafür, dass Ihr mich empfangen habt."

    Die beiden Männer nahmen an dem kreisrunden Tisch platz, der sich im Erdgeschoss des Anwesens befand, während Antonio seine Blicke über die prächtige Einrichtung schweifen ließ. "Ja, der Graf weiß, wie man ein solch prachtvolles Anwesen einrichtet." stellte Adalbert fest, als er das Interesse des jungen Mannes bemerkte. "Wirklich beeindruckend!" erwiderte Antonio etwas zögerlich.

    "Nun, wir haben viel zu tun, deswegen möchte ich gleich zur Sache kommen." begann Adalbert seinen Redefluss. "Wie dir durch Leptin gewiss schon mitgeteilt wurde, suchen wir einen neuen Dienstboten, der die täglich im Anwesen anfallenden Aufgaben mit Gewissheit und Zuverlässigkeit zu erledigen vermag. Du würdest dich zusammen mit der Dienstmagd Maria um den Haushalt kümmern, Botengänge erledigen und den angeschlossenen Stall ausmisten." Der junge Mann nickte. Er hatte von Leptin tatsächlich bereits eine grobe Beschreibung dessen erhalten, was ihm als Dienstbote zu erwarten hätte. "Ja, das hat mir Leptin bereits im Groben erzählt." entgegnete Antonio. "Das sind auch die Aufgaben, die ich damals für Sir Girion erledigt hatte." Etwas beschämend schaute Antonio auf den kreisrunden Tisch, ehe er fortfuhr: "Ich bin bereit und gewillt, für Euren Grafen zu arbeiten. Doch bitte verzeiht, wenn ich so direkt danach frage... ich helfe meiner Tante dabei, ihre Schulden zurückzuzahlen und möchte deswegen gerne wissen, welche Bezahlung Ihr mir zubilligen könnt."

    Der Hofmeister nickte verständnisvoll: "Keine Sorge, ich verstehe das! Die Zeiten sind schwer und jeder will für seine Arbeit bezahlt werden. Nun, du würdest hier zunächst als Niederer Dienstbote beginnen. Es ist quasi eine Probezeit, in der wir in Erfahrungen bringen möchten, ob du für unsere Anforderungen auch geeignet bist. Deine Arbeit beginnt im Morgengrauen und wird mit sieben Münzen und einer warmen Mahlzeit pro Tag entlohnt. Wenn du dich gut anstellst und der Graf zufrieden mit dir ist, wirst du gewiss zügig zum Dienstboten befördert. Das heißt, du darfst dann fortan in der Gesindekammer des Anwesens schlafen, erhältst drei Mahlzeiten und zwölf Münzen am Tag. Außerdem sind wir bereit, in gutes Personal zu investieren und würden dich in nützlichen Fertigkeiten ausbilden."

    Antonio dachte einen Moment lang nach, doch Adalbert wusste, dass der junge Mann eigentlich keine andere Wahl hatte. Er arbeitete für einen der freien Händler am Marktplatz, der sich den jungen Burschen kaum mehr leisten konnte und ihn zum Ende des Monats aus der Beschäftigung entlassen wollte. "Sieben Münzen..." wiederholte Antonio nachdenklich. "Sei unbesorgt. Der Graf weiß gute Arbeit auch gut zu entlohnen. Du musst dich nur als fähig erweisen."

    Maximus
    Geändert von Maximus (22.04.2024 um 11:08 Uhr)

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    Neuling Avatar von Ashac Aulac
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    Ashac Aulac ist offline

    Hafenviertel

    Zum Glück war für den jungen Burschen, viel los am Hafen. So konnte er in ruhe das Lager der Seemänner auskundschaften, ohne gesehen zu werden. Noch waren sie nicht weitergesegelt, anscheinend suchten sie noch nach ihm. Wo das eigentliche Ziel liegen sollte, wusste er nicht, er hatte auch keine lust, dies wirklich herauszufinden. Sein Magen knurrte schon wieder, erst vor wenigen Stunden hatte er sich mit Glück ein Laib Brot stehlen können. Es tat ihm zwar leid, aber er musste schauen, wie er zurechtkam und am Leben blieb. Seine Freunde wollte er so schnell nicht im stich lassen, aber die Wachen hatten ihm nicht glauben wollen und ihn davon gescheucht. Nun musste er also schauen, wie er auf das Schiff kam, um seine Freunde zu retten. Nach der Flucht von Ashac, waren die Wachen jedoch aufmerksamer und auch mehr vorhanden. Sie wechselten sich jedoch stündlich ab, also war es fast unmöglich, aufs Schiff zu kommen.

    Doch Ashac war sich eines sicher, am Abend würden die Seemänner sicher betrunken sein, und nicht mehr alles genau im Blick haben. So musste der Knabe nur auf seinen richtigen Moment warten, bis er loslegen konnte.
    „Da ist der Kerl“, rief eine stimme hinter ihm, als er sich umdrehte sah er drei jungen Männer ins Gesicht.
    „Wiesel Willi meinte, du hättest in unserem Gebiet gestohlen. Du wirst uns dein Diebesgut aushändigen oder dafür zahlen, sonst setzt es prügel“, sprach der größte von ihnen und baute sich auch schon auf.
    Dummerweise stand er mit dem Rücken zur Wand, er konnte nicht fliehen.
    „Ich habe das Brot schon aufgegessen und Geld habe ich keines, entschuldigt bitte ich wusste nicht, was es hier für Regeln gibt. Ich bin von einem Sklavenschiff geflohen und suche Hilfe“, erklärte sich der junge Mann, in der Hoffnung so etwas Mitleid von den Leuten zu bekommen.

    Doch das brachte nicht viel. Die anderen zwei hielten ihn fest, während der Anführer mit festen Schlägen auf ihn einprügelte.
    „Deine Ausreden sind mir egal“, rief er mit einem grinsen und Prügelte den armen Ashac windelweich.
    „Du wirst mich schon kennenlernen!“, immer wieder schlug er auf den Burschen ein. Die Schmerzen waren unerträglich, hätten die anderen Kerle ihn nicht festgehalten, läge er sicherlich schon lange im Dreck. Nach einigen Minuten ließ der Anführer der Gruppe nach und spukte ihn an.

    „Du wirst deine Schulden bei uns abarbeiten, los Jungs, den nehmen wir mit“, sprach der junge Mann lachend und marschierte los. Die beiden anderen zogen Ashac mit, wo auch immer dies sein würde.

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    Kämpfer Avatar von Felia
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    Felia ist offline
    Curts durchaus schelmischer Blick, wenn er über ein Gespräch an ein einem ruhigen Ort sprach, ebenso wie die unausgesprochenen Inhalte dieses Gesprächs, ließen sie tatsächlich leicht erröten. Was war nur aus dem stoischen, besserwisserischen Curt geworden, den sie einst kennengelernt hatte? Der Mann, der hier vor ihr stand und behutsam die Bücher zusammenlegte, strotzte nur so vor Charme und Selbstsicherheit. Sie war sich sicher, dass dies einzig an ihrem guten Einfluss lag und nickte zufrieden.

    »Ich bin gespannt, ob deine Dichtkunst hält, was du so leicht versprichst, Bruder Curt.«, hauchte sie ihm geflüstert entgegen, während er gerade die letzten Bücher verstaute. Die Vorsicht, die er dabei an den Tag legte, war Felia gänzlich unverständlich. Sie befanden sich immerhin in einer Prüfungssituation. Und das ein oder andere falsch zurückgelegte Buch würde schon keine schlimmen Konsequenzen nach sich ziehen. Die behutsame Wegsortieren der langweiligen Schinken aber sehr wohl dazu, dass der kurzbeinige, dickbäuchige Gabriel sich Stewark in aller Seelenruhe finden konnte, was gesucht wurde und somit die Prüfung des Feuers bestehen würde, ehe sie überhaupt angekommen waren.
    Felias Geduld neigte sich gänzlich dem Ende, als Curt sich in ein kleines Schwätzchen mit dem zuständigen Magier Vestos verwickeln ließ und gänzlich unbekümmert inhaltsleere Floskeln austauschte. Die kleine Schneiderin griff ihn am Arm und verabschiedete sich mit einem kurzen, aber nicht unhöflichen »Verzeiht uns, Meister Vestos. Wir müssen schon los - dringliche Angelegenheiten des Ordens rufen uns!«.

    »Wir müssen nach Stewark!«, platzte es aus der jungen Frau heraus als sie die Bibliothek verlassen hatten. Verschwörerisch sah sie sich um und beugte sich zu Curt. Um Gabriel machte sie sich keine Sorgen, der war mittlerweile längst davongewatschelt. Aber dieser Rüdiger würde sie sicherlich hinterlistig belauschen, um sich einen wertvollen Hinweis zu ermogeln. »Gabriel ist bereits dorthin unterwegs und wir sollten uns beeilen, wenn diese Pestbeule nicht Feuermagier werden soll.«
    »Was stand in den Büchern?«, fragte sie nicht ganz ohne Neugierde. »Gab es irgendwelche Hinweise zu diesem Sir Immanuel oder dem Fenster? Hatte er vielleicht ein Häuschen dort?«

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    Veteran Avatar von Curt
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Curt ist offline
    Mit einer sanften, aber dennoch bestimmten Bewegung zog Curt seine Felia näher an sich heran und legte ihr einen Finger auf die schönen, vollen und vor Unruhe bebenden Lippen. Das letzte, das sie jetzt gebrauchen konnten, waren Mitwisser, ganz egal ob Gabriel und Rüdiger schon unterwegs waren oder nicht. Curt lag mehr daran, erratisches Verhalten zu vermeiden. Sie mussten mit ihrem gebündelten Wissen und einem kühlen Kopf punkten.
    „Ja, der Orden sollte dringend Mitglieder nach Stewark entsenden und die Bürger dort zum Glauben an Innos bekehren“, sprach er möglichst laut und auffällig unauffällig. „Gute Idee, Schwester Felia.“
    Dann bog er ab in Richtung von Felias Schneiderstube. Für die anstehende Reise musste bestimmt noch einige Sachen packen. Doch da dort drin auch die alte Tratschtante arbeitete, hielt Curt vor der Tür an, blickte sich um und vergewisserte sich, dass niemand ihnen zuhörte. Die Luft schien rein zu sein.
    „Du hast Recht. Wir sollten bald nach Stewark aufbrechen. Immanuel war ein berühmter Paladin und hat dort während eines Kampfes auf einer der Klippen seinen wertvollen Dolch verloren. Den sollen wir anscheinend finden.“ Er runzelte die Stirn. Bei der Sache mit dem Fenster war er noch nicht schlau geworden. „Was das Fenster angeht, spekuliere ich auf eine Höhle in den Felsen. Wir könnten entweder mit dem Schiff fahren oder die dort ansässigen Wassermagier fragen.“
    Alle Härchen auf seinem Körper stellten sich abwehrend auf, wenn er nur daran dachte, noch einmal in Kontakt mit den verfluchten Wassermagiern zu treten.
    „Rüdiger glaubt dagegen, die Wahrheit im hiesigen Badehaus zu finden. Es wurde auch zu Ehren von Dominique und Immanuel erbaut. Ich würde mir das gern noch anschauen, nur um sicherzugehen. Ich habe aber kein Handtuch.“
    Wink mit dem Zaunpfahl.
    „Ich dachte, du könntest mir eins leihen. Am besten kommst du gleich mit. Du riechst ein wenig so als ob … hast du etwa einen Hund gestreichelt oder so?“

  9. Beiträge anzeigen #69 Zitieren
    Kämpfer Avatar von Felia
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    Felia ist offline
    »Ich schlage vor«, sagte Felia mit strengem Ton und presste ihrem Liebsten den ausgestreckten Zeigefinger auf die Brust, mit dem sie ihn einen halben Schritt von sich weg schob. »... dass du dein Bad im Badehaus nimmst und dich dort nach Hinweisen umsiehst.« Sie funkelte ihn aus zu Schlitzen verengten Augen an. »Am besten ein kaltes Bad, Bruder Curt.« Die Kühle in ihrer Stimme hätte ausreichen können, das dampfend heiße Wasser des Badehauses gefrieren zu lassen. »Ich werde derweil meine Sachen packen und mich auf die anstehende Reise vorbereiten.«, fügte sie beim Umdrehen an und trat einen Schritt auf die Schneiderstube zu. »Bitte verzeiht mir, Bruder Curt, aber ich fürchte, dass ich erst heute Nachmittag zum Aufbruch bereit sein werde. Ich möchte mich schließlich gründlich von dem unzumutbaren Geruch befreien, der mir anscheinend anhaftet und euer so empfindliches Näschen zu stören scheint, wertester Novize.« Sie stieß die Tür auf und blieb auf der Schwelle stehen, auf welcher sie sich mit einem gespielten Lächeln auf den Lippen und einem Funkeln in den Augen umdrehte. »Ich bin mir sicher, dass es im Badehaus ausreichend Leute geben wird, die euch ein Handtuch reichen können, solltet ihr keines zur Hand haben.« Sie pausierte kurz und taxierte ihr Gegenüber. »Sicherlich werden die Personen dort euer empfindliches Geruchsorgan weit weniger belästigen, als ich das scheinbar tue. Innos zum Gruße, Bruder.«
    Sie trat ein und ließ die Tür hinter sich lautstark ins Schloss fallen.

  10. Beiträge anzeigen #70 Zitieren
    Lehrling Avatar von Isidor
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    Isidor ist offline

    Marktschenke

    Abschätzig wog Isidor den Geldbeutel, den Armond ihm überlassen hatte. Ihm gingen die Vorschläge durch den Kopf, die er ihm unterbreitet hatte.
    Kleidung, ja, es wäre sicher nicht verkehrt die alten Lumpen zu tauschen. Die letzten Jahre hatte er nicht gut auf sich und sie Acht gegeben. Die Seefahrt mit der salzigen Luft und ebenso salzigem Meerwasser hatten ihnen wohl den Rest gegeben. Prüfend roch er an einem Ärmel. Als allzu schlimm empfand er es zwar nicht, doch seinen eigenen Körperduft roch man selbst bekanntlich ohnehin nicht so intensiv, wie andere.
    Waffen. Er hatte seinen Dolch, den sein Vater ihm einst schenkte. Zum Geburtstag hatte er ihn bekommen, gemeinsam mit einigen mahnenden Worten. Ein Dolch war kein Spielzeug, er vermochte zu verletzen und zu töten. Doch zur Verteidigung bot er sich alle mal an. Größere Waffen hatte der Schmied bisher nicht in den Händen gehalten. Er vermutete, dass er mit seinem Schmiedehammer ohnehin behänder zuschlagen würde können, als mit der schmalen Klinge.
    Ein Reittier. Nein, das stand außer Frage. Pferde jagten dem Hünen einen Schauer über den Rücken. Diese langen, unlesbaren Gesichter, die widerlich gelben Zähne und die schiere Größe, die selbst ihn klein wirken ließ. Von diesen Tieren würde er sich so weit wie möglich fernhalten.
    Proviant. Absolut essentiell, wenn er die Reise nach Stewark antrat. Er war nie zuvor auf Argaan gewesen und auch das Kartenlesen war nichts, worin er viel Zeit investiert hatte. Dennoch würde er sich eine besorgen müssen. Mit etwas Glück konnte er sich nach dem rechten Weg erkundigen oder es gab Schilder, denen er folgen konnte. Doch wenn er ehrlich war, galt Lesen nicht zu seinen Stärken. Er beherrschte es, aber ein Gespräch zwischen Menschen interessierte ihn dann doch mehr, als das Wort, welches mit einer Feder auf Pergament verewigt wurde.
    Eine Nacht im Bordell. Verlockend, aber gleichwohl auch nicht. Unwillkürlich musste er an die Oberste Novizin denken, an ihr anmutiges Wesen und die Art, wie sie seine Hand umschlungen hatte.
    Und wie sie fortlief…, dachte er für einen Augenblick und stellte sich ihren Hüftschwung vor.
    Er mochte es, wenn sie fortlief. Solange es nicht das letzte Mal gewesen war.

    Kratzend schob Isidor seinen Stuhl nach hinten und erhob sich. Er ließ das Säckchen mit Gold in seiner Tasche verschwinden und begab sich zum Tresen der Schenke.
    „Entschuldigt, wo finde ich das Badehaus?“, fragte er den Wirt mit einem Lächeln.
    „Im Tempelviertel“, kam die knappe Antwort, zusammen mit einem skeptischen Blick, während die Hände des Schankmannes einige Krüge polierten.
    Die Mittagsstunde brachte immerzu mehr Gäste herein und beinahe fühlte sich der junge Mann zurückversetzt nach Vengard. All die schönen Nachmittage, Abende und Nächte, die er dort mit Freunden und Fremden verbracht hatte, all die Becher, die er dort geleert hatte. Er schüttelte vehement den Kopf, ehe er sich bedankte, dem Wirt eine Münze auf den Tisch legte, und die Marktschenke verließ. Die Leute, welche ihm entgegenkamen, machten ihm Platz. Ob es seiner Größe oder der Narben geschuldet war, interessierte ihn nicht. Er war bereits in Gedanken wieder bei seinem Vorhaben und für welche Kleidung er sich entscheiden sollte. Gern würde er Felia fragen, ob sie ihm etwas passendes anfertigen konnte. Doch er ahnte, dass das Schneidern neuer Kleidung zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Immerhin wusste er nun, woher die Schwielen an Zeigefinger und Daumen herrührten, die er gespürt hatte, als sich ihre Hände berührten.

  11. Beiträge anzeigen #71 Zitieren
    Kämpfer Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline

    Das Reichenviertel, Anwesen des Grafen

    "Siehst du, was habe ich dir gesagt? Sie konnten gar nicht anders, als dich einzustellen. Mensch, das freut mich! Wirklich!" stellte Leptin mit einem breiten Grinsen fest, als Antonio seinen Dienst in der Küche antreten wollte. Das Grinsen musste jedoch der Konzentration weichen, als Leptin einige Früchte auf einem silbernen Teller drapierte. "Okay Antonio, hör zu! Wir haben nicht mehr viel Zeit und der Graf ist äußerst genau, wenn es um das Eindecken der Tafel geht. Bring du schon mal die fertigen Speisen nach oben - ich kümmere mich dann gleich um die richtige Anordnung auf dem Esstisch." Eifrig nickte der noch etwas verschlafen wirkende Antonio und machte sich auf, die ersten silbernen Teller die Treppenstufen empor zu tragen.

    Mit kritischen Blicken betrat der Hofmeister Adalbert die Küche und überprüfte die Arbeit. "Warum die Verzögerung?" fragte er mit Unverständnis. "Ach, fragt nicht! Mir sind die Semmeln verbrannt, als ich ein neues Käserad aus dem Lager holen musste... Wir brauchen hier wirklich ein größere Speisekammer!" erwiderte Leptin, der sichtlich gestresst in den letzten Zügen der Vorbereitung war. "Seht einfach zu, dass Ihr rechtzeitig fertig werdet. Ihr wisst doch, wie ungehalten der Graf wird, wenn die Tafel nicht bei seinem Erscheinen angerichtet ist." fügte Adalbert seiner kritischen Bemerkung hinzu.

    Gerade als Antonio die Küche wieder betreten hatte und eine silberne Schale mit Gebäck nach oben tragen wollte, fiel Leptin ein weiteres Versäumnis auf: "Ach herrje! Antonio, sei so gut und setze etwas Wasser auf. Da, der eiserne Kessel im linken Regal. Sobald es kocht, nimmst du es von der Flamme und füllst das Wasser in die silberne Teekanne, die da oben steht." Schweiß lief über die Stirn des Koches. Noch nie war er so spät dran gewesen, dass Frühstück fertigzustellen.

    Während Leptin vorsichtig einige Teeblätter aus einer kleinen Holzkiste entnahm und sie für den ersten Aufguss vorbereitete, wandte er sich Antonio zu. "Wie viel hat dir Adalbert bereits über den Grafen erzählt?" wollte er wissen. "Hmm... nicht viel." erwiderte der junge Dienstbote. "Ein vermögender Mann, der gute Arbeit auch gut zu entlohnen wisse. Verlangt äußerste Disziplin und ist recht pingelig." fuhr er fort. Da musste der Koch auflachen: "Pingelig! Sag das bloß nicht zu laut! Na ja, Adalbert hat dir wohl die wichtigsten Dinge verschwiegen, als hör gut zu: Es ist zwar unwahrscheinlich, dass du als niederer Dienstbote mit dem Grafen direkt zu tun hast aber falls doch, dann sprichst du in seiner Anwesenheit nur, wenn du gefragt wirst. Und flüchte dich nicht in Ausreden, wenn du eine Frage nicht beantworten kannst oder für einen Fehler geradestehen musst. Das kann er gar nicht leiden. Achte außerdem darauf, dass deine Dienstkleidung immer sauber und akkurat sitzt - ziehe dich also besser um, wenn du mal dein Hemd beschmutzen solltest. Ach und noch was: Plaudereien mit den anderen Dienstboten während deiner Arbeit ist strengstens untersagt."

    Antonio nickte, als das Wasser im Eisenkessel zu kochen begann. Vorsichtig nahm er es von der Flamme und füllte es mit größter Sorgfalt in eine der silbernen Kannen. Leptin ließ daraufhin einige Teeblätter hineinfallen, schloss den Deckel der Kanne und drehte eine kleine Sanduhr um, die sich auf seinem Küchentisch befand. "Sobald der Sand durchgelaufen ist, nimmst du die Blätter raus und bringst die Kanne rauf. Ich gehe schon mal nach oben und decke den Tisch richtig ein."

    Maximus
    Geändert von Maximus (22.04.2024 um 11:09 Uhr)

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    Burggraf von Verdistis  Avatar von Maximus
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    Das Reichenviertel, Anwesen des Grafen

    Noch vor dem Frühstück saß Maximus in seinem Arbeitszimmer und verfasste die Reaktion auf ein Schreiben, welches ihm am Vortag durch einen Boten der Zitadelle übermittelt worden war. Es handelte sich dabei um die Aufhebung seiner Akkreditierung, die zweifelsohne das Ergebnis einer Übereinkunft zwischen dem Orden und dem neuen Fakturisten der Händlergilde gewesen sein musste. Es war eine Situation, die der Graf zwar eingeplant aber nicht so kurzfristig erwartet hatte.

    Die Veränderungen, die mit der Aufhebung der Akkreditierung einhergingen, waren allerdings marginal. Denn sein Status wurde maßgeblich durch sein Vermögen und seine Kontakte zu anderen einflussreichen Personen bestimmt, statt von einem Stück Papier. Ein großes Ärgernis hingegen war die damit wieder eintretende Steuerpflicht gewesen, die die künftigen Gewinne des Großhändlers doch merklich reduzieren würde. Es galt also Wege zu finden, die Steuerlast so gering wie möglich zu halten.

    Doch darum wollte sich Maximus später kümmern. Er hatte für den frühen Vormittag den Leiter seines Handelskontors eingeladen und wollte vorher noch das Frühstück zu sich nehmen. Sorgsam verstaute er die auf den Schreibtisch ausgebreiteten Unterlagen in einer Schublade, die er mit einem kleinen Schlüssel verschloss, ehe er in Begleitung seiner Leibwache die Privatgemächer verließ und an der rechthaltig gedeckten Tafel Platz nahm. Kaum hatte er sich hingesetzt, eilte der Koch mit einer auf einen kleinen Tablett stehenden Teekanne herbei. "Guten Morgen, mein Herr. Bitte verzeiht die Verzögerung." sagte der Bedienstete, während er behutsam die erste Tasse Tee einschenkte. Maximus hingegen beachtete ihn nicht, sondern nahm sich einige Früchte und etwas von dem süßlichen Brötchen, das sein Koch besonders gut beherrschte.

    Kaum hatte der Graf das erste Stück vom Brötchen abgebissen, kam Adalbert die Treppenstufen hinauf und erhob leise seine Stimme: "Guten Morgen, mein Herr. Pregorius Amiel ist soeben eingetroffen. Soll ich ihn warten lassen?" Maximus seufzte. Es war ihm zwar besonders wichtig, die erste Tasse Tee am Tag in Ruhe zu genießen, doch die Geschäfte gingen vor. "Nein. Schickt ihn rauf und lasst von Leptin ein weiteres Gedeck bringen!" erwiderte er.

    "Guten Morgen, Maximus!" ertönte wenig später die Stimme von Pregorius Amiel, dem Leiter des gräfischen Handelskontors. "Ihr seid pünktlich! Gut für Euch." entgegnete der Graf. "Nehmt Platz! Wir haben viel zu besprechen."
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    Lehrling Avatar von Isidor
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    Marktviertel

    Die Auswahl war reichlich, doch Isidor hatte weniger ein Problem damit sich zwischen den verschiedenen Kleidungsstücken am Markt zu entscheiden, als überhaupt festzulegen, wie er sich selbst darstellen wollte. Würde man ihm den reichen Kaufmann abkaufen, der seine Ware in Stewark anbieten wollte? Wohl nicht, denn dafür fehlte ihm Karren und Waren. Er konnte zwar gut mit Menschen, doch für einen Vollbluthändler reichte es sicher nicht. Was also dann? Ein Abenteurer auf der Suche nach Arbeit? Ohne aussagekräftige Waffen wohl eher nicht glaubhaft. Ein abgerissener Vagabund, der eine neue Bleibe suchte? Womöglich auf der Straße landete und betteln musste, um über die Runden zu kommen? Je mehr er diesen Gedanken weiterspann, desto weniger erfolgsversprechend klang er. Außerdem wäre er wohl in seinem derzeitigen Aufzug bereits als mittellos durchgegangen. Ein einfacher Bürger, der ein Familienmitglied besuchen wollte, wie Armond es vorgeschlagen hatte? Möglich, aber es würde seltsam wirken, wenn er länger in Stewark verweilen wollte, als ein Familienbesuch rechtfertigte.
    Je länger er die Für und Wider seiner Optionen abwägte, desto mehr schien sich jene herauszukristallisieren, die er bereits verkörpert: Ein Schmied auf der Suche nach ehrlicher Arbeit und einem ruhigen Leben. Doch wie weit würde er damit kommen? Was genau sollte er überhaupt für den Orden in Erfahrung bringen? Truppenstärke? Ausrüstung? Verteidigungsanlagen? Derlei Dinge waren sicher nicht unmöglich, doch konnte er die Bedrohung korrekt einschätzen, die von diesen Dingen ausging? Von etwaigen Plänen des Königs würde er auf diese Weise wohl nichts erfahren, doch er ahnte, dass keine seiner derzeitigen Ideen dies ermöglichte. Auch seine Narben stellten ein Problem dar, da sie ihn leicht wieder erkennbar machten. Doch sie zu kaschieren war nicht im Bereich des Möglichen, wenn er die Größe seiner alten Halsverbrennung bedachte.

    „Gute Frau, ich würde gern dieses Leinenhemd, das robuste Wams hier und diese Wollhosen erstehen. Habt Ihr auch ein festes Paar Lederstiefel?“, wandte er sich an die betagte Dame hinter der Theke der Schneiderei, die er nach einiger Zeit des Suchens im Marktviertel entdeckt hatte.
    Die Verkäuferin schaute sich die ausgewählten Stücke an, musterte den potentiellen Kunden kritisch, ehe sie mit einem Seufzen auf ein Holzregal deutete, das sich außerhalb des Sichtfeldes des Schmieds befand.
    „Dort vorn haben wir eine kleine Auswahl an Schuhwerk, aber der Schuster gegenüber wäre geeigneter“, ließ sie ihn wissen und auch merken, dass sie ihn lieber schnell loswerden würde, statt sich länger mit ihm abgeben zu müssen, als notwendig.
    „Vielen Dank“, erwiderte der Hüne und stapfte um das Regal, welches ihm die Sicht versperrt hatte.
    Die Auswahl war wie angekündigt eher gering und seine großen Füße würden in keine der Stiefel passen.
    „Es sieht aus, als hättet Ihr Recht. Ich werde den Schuster aufsuchen. Die Kleidung nehme ich trotzdem.“
    Die Händlerin schaute etwas überrascht, als er seine Börse hervorholte und die geforderte Summe zahlte, äußerte sich dazu jedoch nicht weiter. Mit einem Dank und Auf Wiedersehen verließ Isidor das Geschäft, die neue Kleidung in den Händen. Prüfend blickte er auf seine Stiefel herab, die sicherlich bereits bessere Tage gesehen hatten. Doch wenn er ehrlich war, würden sie ihn noch eine Weile tragen und er konnte getrost auf ein weiteres Erlebnis wie soeben verzichten. Er hatte es ja begriffen. Sein Äußeres war abstoßend, er roch nach Fisch und seine Kleidung versprach eher Armut, als Reichtum. Jetzt jedoch konnte er gegen zwei dieser Probleme etwas unternehmen, bevor er sich weiterer abschätziger Blicke aussetzen musste.
    „In dieser Stadt wird es ja wohl ein Badehaus geben“, murmelte er zu sich selbst und schaute sich um, als erwartete er direkt um die Ecke ein solches zu finden.
    „Das wäre ja auch zur Abwechslung mal zu einfach gewesen“, seufzte er und hielt stattdessen nach einer Stadtwache Ausschau, die er nach dem Weg fragen konnte.

    „Einfach hier die Straße herunter. Linker Hand ist das Reichenviertel. Das würde ich an Eurer Stelle meiden“, erklärte der Soldat und nahm die Aufmachung des Reisenden mit einem kurzen Blick in sich auf, „Dann kommt ihr zum Handwerkerviertel, dort biegt ihr nach links ab, bis ihr das Tempelviertel vor Euch sehen könnt. Nicht zu verfehlen, riesiges Gebäude am Ende des Plaza und etliche rotgewandte Novizen.“
    „Vielen Dank, das war mir eine sehr große Hilfe!“, dankte der Blonde und neigte leicht den Kopf, ehe er seinen Weg fortsetzte.
    Glücklicherweise war er bereits am Tempelviertel vorbeigekommen, doch seine Orientierung ließ zu wünschen übrig, weshalb ihm die genaue Wegbeschreibung zugutekam. Sobald er ankam, konnte er einen der Novizen fragen, wo sich das Badehaus genau befand. Hoffentlich brauchte er kein eigenes Handtuch, denn das hatte er leider nicht zur Hand.

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    Tempelbezirk - Badehaus

    Den Weg zum Tempelviertel fand Isidor ohne Probleme. Er hätte sich auch schwer gewundert, wenn er nach kaum drei Stunden nicht mehr gewusst hätte, wie er dort hingelangte. Dass er dennoch nach dem Weg gefragt hatte, war nur der Tatsache geschuldet gewesen, dass er nicht wusste, wo sich das Badehaus befand. Und nur deshalb!
    Der höhergelegene Bezirk war zu dieser Tageszeit gut besucht. Viele Gläubige und Novizen hielten sich zwischen den einzelnen Bauten auf. Gespräche klangen aus allen Richtungen und einige der Tempeldiener führten fromme Bürger zu einem Innos geweihten Schrein, wo sie ihre Gaben darbieten konnten und im Gegenzug im Gebet ihre Sorgen erleichtern durften. Der Schmied war nie sonderlich pietätvoll gewesen, auch wenn er ab und an die Predigten in Vengard besucht hatte, wenn seine Mutter darauf bestand oder ein wichtiger Feiertag besungen werden wollte. Auch dieses Mal war sein Besuch einer heiligen Stätte nicht von Glauben geleitet, sondern von Pragmatismus. Ein Wort, welches er gern nutzte, um sich selbst zu beschreiben. Und doch führte sein Vorhaben ihn zu einem der Adlaten und Novizen, da sie ihm den Weg weisen sollten.
    „Innos zum Gruß!“, wählte er die angebrachten Worte, als er die Aufmerksamkeit eines jungen Mannes für sich gewinnen konnte.
    Er trug die übliche Kutte der Diener Innos‘, hatte braunes, lockiges Haar und einen dunkleren Teint. Isidor vermutete, dass er aus Varant stammte oder aber zum argaanischen Volk gehörte.
    „Innos zum Gruß“, erwiderte der Adlatus, der Klang seiner Stimme hatte etwas beruhigendes, „Wie kann ich Euch heute helfen?“
    „Ich hörte, es gäbe hier ein Badehaus und wie Ihr seht – oder sogar riecht – haftet mir der Geruch einer langen Reise an“, erklärte der Schmied sein Begehr und achtete auf jegliche Regung im Gesicht des Tempeldieners.
    „In der Tat“, bestätigte der junge Mann ohne Wertung in Stimme oder Körpersprache, „Das Badehaus ist gleich dort vorn.“
    Er deutete auf einige Gemäuer, die sich nahtlos aneinanderschmiegten.
    „Habt Dank!“, verabschiedete sich Isidor und neigte leicht den Kopf, wie er es bereits bei der Stadtwache zuvor getan hatte.
    „Möge Innos Euren Weg erleuchten.“

    Der Hüne konnte mit derlei Phrasen einfach nichts anfangen. Wann immer er sie hörte, musste er mit aller Willenskraft ein Augenverdrehen unterdrücken. Meistens gelang es ihm und glücklicherweise auch jetzt.
    Als er durch den Eingang ins Badehaus trat, fand er sich in einem spärlich eingerichteten Vorraum wieder. Beim Hereinkommen erblickte man sofort einen Anmeldebereich. Ein Tresen mit einigen Pergamenten und Federn darauf. Dahinter begrüßte ihn bereits ein Mann mittleren Alters mit derselben Kluft, wie die anderen Tempeldiener sie trugen. Zwei hölzerne Bänke, eine rechts und eine links neben der Tür, boten eine Sitzgelegenheit, während man darauf wartete, dass im Innern des Badebereichs ein Platz frei wurde. Derzeit saß niemand dort.
    Isidor trat näher an den Tresen heran. Hinter dem Novizen waren einige Regalbretter an der Wand angebracht worden, auf denen Leinentücher feinsäuberlich gestapelt worden waren.
    „Innos zum Gruß. Ein Bad nehme ich an?“, fragte der ältere Mann und hob leicht eine Augenbraue.
    „Sehr richtig. Wie Ihr sehen könnt, habe ich einige anstrengende Tage hinter mir und könnte ein wenig Sauberkeit und Entspannung gebrauchen“, erklärte sich der Blondschopf und lächelte freundlich.
    „Gut, gut. Mein Name ist Woyzeck, ich bin der Badermeister hier. Zu dieser Tageszeit habe ich nicht viel Kundschaft. Ihr könnt also gleich beginnen. Zu Eurer Rechten findet ihr den Bereich für die Herren. Auf Wunsch wird Eure Kleidung gewaschen und für Euch bereitgelegt“, beschrieb Woyzeck die Dienste seines Badehauses.
    „Das…wird nicht nötig sein. Diese alten Lumpen sollten wohl besser verbrannt werden“, lachte Isidor und zupfte an dem verschlissenen Stoff seines Wamses, „Ich habe neue Kleider mitgebracht.
    „Ich verstehe. Lasst Eure alte Kleidung einfach im Umkleidezimmer liegen. Ich werde sie für Euch entsorgen. Euren Beutel werde ich sicher verwahren, solange Ihr hier seid“
    „Sehr freundlich.“
    Der Schmied zahlte für die Dienste des Baders und gab sein Hab und Gut ab, ehe ihn ein weiterer Gast ansprach.
    "Danke sehr, ich habe tatsächlich kein eigenes Tuch."
    Noch halb im Satz schob der Bärtige Isidor vor sich her in Richtung Umkleideraum.
    Geändert von Isidor (22.04.2024 um 21:36 Uhr)

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    Veteran Avatar von Curt
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    „Ich wasche mich ohnehin kalt“, rief er der verschlossenen Türe zu. „Das ist schließlich gut für die Durchblutung.“
    Curts Stirn warf tiefe Furchen der Verwunderung über Felias exaggeriertes Gebaren. So oft er es nun schon erlebt hatte, war es eine wirkliche Schande, dass er noch keine Muster darin erkennen konnte. Er hatte ihr einen gut gemeinten Vorschlag unterbreitet – wie sie es jederzeit und noch viel unverblümter von sich geben würde – und doch schalt sie ihn plötzlich, als hätte er sie durch den Sündenpfuhl selbst gescheucht. Vielleicht war ihr auch einfach nur eine Fleischwanze über die Leber gelaufen. Fleischwanze … Fleischwanze. Natürlich. Gabriel! Dieser Gestank rührte bestimmt von ihm her. Was sie wohl alles auf sich genommen hatte, um ihm Informationen zu entlocken? Aber dann musste man sich doch nicht derartig grämen! Dann sollte man selbstbewusst ins Badehaus einkehren, denn von schmutziger Arbeit bekam man schmutzige Hände. Da war doch nichts dabei. Hatte Curt ihr Opfer einfach nicht hinreichend gewürdigt? Er schuldete ihr wenigstens noch ein kleines Lob.
    „Ich habe dich nach dem Handtuch gefragt, weil gewiss niemand sonst so weiche Handtücher machen kann wie du!“
    Ja, das musste genügen. Sie würde sich schon wieder einkriegen. Und auch er würde mit einem kühl gewaschenen Kopf sicher noch gescheitere Entscheidungen treffen.

    Curt betrat das Badehaus und ließ sich missmutig eines der frei verfügbaren Handtücher reichen. Leider ein besonders kratziges Exemplar. Er drehte sich um und erblickte einen jungen Mann, der etwa dieselbe Größe hatte wie er, nur um ein Vielfaches wilder ausschaute.
    „Du siehst aus, als hättest du auch kein eigenes Handtuch dabei, was? Hier.“
    Curt drückte ihm das kratzige Stück in die Hand und ließ sich ein Zweites geben. Na also, schon ein wenig besser.
    „Dort entlang.“ Er drängte den jungen Mann, der etwas deplatziert wirkte, in Richtung des Umkleideraums. „Ist dein erster Besuch, oder?“
    Seltsam. Irgendetwas an seinem Gegenüber erinnerte ihn an Felia. Dabei war er das völlige Gegenteil von ihr. Groß, grob, unordentlich, ruhig. Wie absurd.

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    Hafenviertel

    Die meisten Passagiere hatten die stinkende, feuchte Tristesse des Laderaums bereits verlassen, während Piero noch einmal - wohl zum hundertsten Mal - den Brief hervorzog und die wenigen Zeilen las, die der alte Halunke ihm mitgegeben hatte. Wahrlich, das war eine ganz und gar sonderliche Bitte. Lares hätte vieles von ihm verlangen können, beinahe alles. Immerhin hätte es um Pieros Überlebenschancen nicht gerade gut gestanden, wenn sein alter Bekannter ihm nicht zur Rettung geeilt wäre. Varantische Händler waren eine unerbittliches Pest, wenn es darum ging, Spielschulden einzutreiben, und grausamer als jeder Ork, wenn es darum ging, ein Exempel an Betrügern zu statuieren. Nur, was hätte er denn tun sollen? Immerhin hatte er doch insistiert, er würde gern von seinem Einsatz zurücktreten, weil man ihm erst auf halbem Wege durch das Spiel offenbart hatte, dass "Ist das Gleiche wie Sildener Skat" eine sehr unzuverlässige Auslegung der Regeln von "Tore von Ishtar" war. Wenn man ihm dann nicht einmal den kleinen Notbetrug durchgehen ließ, der ihn zumindest mit einer schwarzen Null hätte aus dem Spiel gehen lassen - ja, dann war das pure Räuberei, und es stellte sich die Frage, wer hier die wahren Betrüger waren!
    Man hätte meinen können, Lares hatte ihn sehenden Auges ins offene Messer laufen lassen, um ihn dann mit der heldenhaften Doppelt-oder-Nichts-Wette aus der Bredouille zu holen. Eigentlich ein gewiefter Schachzug, der Piero vollsten Respekt abnötigte! Und fürwahr, Lares hätte auch eine Lebensschuld, eine Südseeinsel oder einen Berg von magischem Erz von ihm verlangen können und er wäre trotzdem darauf eingegangen. Doch was er gewollt hatte, war tatsächlich nichts als das hier.
    "Stewark...", murmelte Piero.
    Er war ja schon viel herumgekommen, und auch die südlichen Inseln hatte er vor langer Zeit schon einmal besucht; aber in dieses Kaff an der Westküste Argaans hatte es ihn bislang noch nicht verschlagen. Freilich, Stewarks Situation hatte sich in den letzten Jahren reichlich gewandelt, seit der rebellische König seine prunkvolle Hauptstadt an einen Drachen verloren hatte. Dennoch hätte es einem Mann von Welt eigentlich fern gelegen, diese drei Häuser auf einem Fels in der Brandung jemals aufzusuchen. Eigentlich. Aber wenn Lares es nun mal so wollte...

    "Raus mit euch, ihr Landraddn!", keifte der Maat, bewehrt mit einem Besen, der seine Aussage wohl in irgendeiner Form unterstreichen sollte. "Worauf wartet ihr?"
    "Ich warte eigentlich nur auf ihn!", antwortete eine begeisterungsfähige Stimme. "Wollte ihm noch alles Gute wünschen und mich für mein Ungeschick entschuldigen."
    Piero seufzte. Ja, unerbittliche Pest traf wohl auch auf diesen Kerl zu. Wie viele Tage schon hatte der Kerl nun schon versucht, sich an ihn heranzuwanzen? Und dann hatte ihm dieser Trampel auch noch beinahe sein kostbarstes Stück zertrampelt! Hätte er doch nur nie die Geschichte ausgepackt, er sei der ehemalige Lautist der Rollenden Steine.
    "Ist schon gut, mein werter Freund", antwortete Piero versöhnlich. "Letztlich ist es meine eigene Schuld, dass ich keine guten Ersatz-Saiten mit mir führe. Schließlich kann es doch immer mal passieren, dass sich einem jemand aus Versehen auf die Laute setzt, die fein säuberlich auf einer Kiste drapiert ist."
    "Und mein Missgeschick tut mir immer noch fürchterlich leid, Herr Piero", antwortete der feiste Kerl, dessen Bart im Laufe der Überfahrt so schnell so gewaltige Ausmaße angenommen hatte, dass man hätte meinen können, ihm sei ein pelziges Tier im Gesicht gewachsen.
    "Kuschelt draußen weider, Mädels!", plärrte der Maat und wedelte mit dem Besen neben Pieros Ohr herum. "Hier gehd's jetze raus, oder ihr zahlt die Überfahrt zurück auf's Festland, klar?"
    "Kein Problem, mein Bester", entgegnete Piero mit einem Lächeln, steckte den Brief beiseite, schulterte sein Bündel und griff seine ramponierte Laute. "Innos zum Gruße und allzeit 'ne Handvoll Wasser unter'm Kiel, nicht?"

    Auf dem Weg an Deck und über die Landungsbrücke zum Kai folgte ihm die personifizierte Pest auf dem Fuße. Auf festem Boden (den Göttern ward's gedankt!) angelangt, wandte sich Piero zu seinem Schatten um und klopfte ihm auf die Schulter.
    "Und Euch sei verziehen, Sigurd, mein Freund."
    "Herbert."
    "Genau. Dafür habe ich Euch um die drei Krautstängel erleichtert."
    "Haha, Ihr spielt aber auch wie ein Dämon, Herr Piero!"
    Piero verkniff das Gesicht. "Nun, da muss ich gestehen, dass ich ein klein wenig geflunkert habe. Das wollte ich Euch schon seit Tagen beichten."
    "Eiderdaus! Wahrhaftig?"
    "Wahrhaftig. Und leider habe ich das Kraut schon aufgeraucht. Glücksspiel und Sumpfkraut - die zwei schicksalshaften Laster eines jeden wahren Musikanten. Und die Frauen, natürlich." Er zwinkerte verschwörerisch. "Jedenfalls möchte ich Euch deshalb dieses Goldstück als Wiedergutmachung geben und hoffe, wir gehen damit ohne Groll auseinander."
    Piero zog scheinbar aus dem Nichts eine Münze hervor und legte sie dem überrumpelten Mann mitsamt Händedruck in die schwitzige Handfläche. "Fügt es zu Eurem beträchtlichen Besitz hinzu und erinnert Euch nicht schlecht an mich, wenn Ihr davon Euren Krämerladen eröffnet, ja?"
    Die wulstigen Lippen von Herbert "die Pest" Krämer verzogen sich zu einem begierigen Grinsen, und mit einem energischen Nicken holte er seinen Goldbeutel hervor, in dem Pieros kleine Investition klirrend versenkt wurde.
    "Das lob ich mir und das werd ich tun, Herr Piero. Euch alles Gute auf Euren Wegen, und vielleicht sieht man sich ja einmal wieder, nicht wahr? Innos zum Gruße!"
    "Innos zum Gruße, Harald."
    Der Dicke nickte noch einmal unbeholfen und wandte sich dann ab, um in den Trubel des Hafenviertels einzutauchen. Piero blieb einen Moment lang stehen, dann folgte er dem Kerl auf dem Fuße. Ein kurzer Rempler, ein geübter Griff dorthin, wo Herberts gierige Hände zuvor Pieros Münze verstaut hatten - und der Krämerladen war Geschichte. Piero ließ den Beutel im Korpus seiner ohnehin verhinderten Laute verschwinden, als er sich abwandte und dem Menschenstrom fort von den Kais folgte.
    "Meine Entschädigung für die Laute, du Trampel", murmelte er. Und eine nette Starthilfe für seine neue Aufgabe auf Argaan.

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    Marktviertel

    Piero schnüffelte einmal, zweimal – und verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
    „Santo Domenico, das ist übel. Wirklich übel!“
    Er war ein Tier! Ein wandelnder Kampfstoff! Eine Blindheit und verätzte Nebenhöhlen verursachende Waffe!
    Es war doch immer wieder erstaunlich, wie dünn der Grat der Zivilisation doch war. Ein paar Wochen eingepfercht mit anderen Menschen im Bauch eines Schiffes, und schon verwandelte sich selbst der gepflegteste Mann – und an dieser Stelle hätte er gern in einen Spiegel gesehen, so er einen zu Hand gehabt hätte – in eine Ausgeburt ungepflegter Unmenschlichkeit. Doch ehrlicherweise hätte es der olfaktorischen Bestätigung durch vorsichtiges Achselheben gar nicht gebraucht, denn die ungewaschene Haut juckte ihm schon seit Tagen an Rücken, Armen und Kopf. Piero fragte sich allen Ernstes, wie manche Menschen in diesem bedauerlichen Zustand dauerhaft Leben konnten. Ein Königreich für einen Badezuber!
    Seine Schritte führten ihn geradewegs und ohne Umschweife heraus aus dem Hafenviertel, dorthin, wo die Hoffnung auf Befriedigung zivilisierter Grundbedürfnisse noch nicht vollkommen verloren war. Alle größeren Straßen führten über kurz oder lang zum Zentrum einer Stadt, das verhielt sich hier hoffentlich genauso wie in jedem anderen Winkel dieser Welt. Und wo eine Stadt ihr Zentrum fand, dort fand sich zumeist auch Auskunft. Also lief er, so schnell, als hoffte er, die Fahne seines eigenen Körpergeruchs abhängen zu können.

    „Nun, ein Markt ist doch schonmal ein Anfang.“
    Zufrieden mit seinem Teilerfolg sah er sich um, ob er eine Person ausfindig machen konnte, die einen ausreichend gepflegten Eindruck machte. Ein Herr mit ausladend aufgeplustertem Hut, der einige Lagen schrill gefärbten Samtes und ein güldenes Kettchen spazieren trug, lustwandelte am anderen Ende des Marktes vorüber. Ein kurz aufzuckender Reflex hätte Piero beinahe dazu genötigt, diesem Ehrenmann die schwere Last vom Halse zu nehmen, doch im Moment gab es drängendere Bedürfnisse.
    „Seid gegrüßt, werter Herr“, sprach Piero den Mann an und vollführte eine galante, angedeutete Verbeugung. Dabei blieb er sicherheitshalber ein wenig auf Abstand, um seine Informationsquelle nicht mit seinem bestialischen Geruch niederzustrecken, aber versperrte gerade so weit den Weg, dass der Herr ihn nicht einfach links liegen lassen konnte.
    „Hä?“ Nun, nicht so eloquent, wie das Äußere vermuten lassen wollte.
    „Ihr seht fürwahr aus wie ein Mann von Kultur und Körperpflege, wenn ich euch diese Attribute in meiner Vermessenheit zu weisen darf.“
    „Hmm. Was willst du, Bursche?“
    „Nichts als ein Bad, werter Herr. Ich bin soeben mit dem Schiff in Eurer wunderschönen und einzigartigen Stadt gelandet und würde gern meinen Körper kultivieren, bevor ich meinen Geschäften nachgehe. Könntet Ihr mir freundlicherweise erklären, wie ich zum nächsten Badehaus komme?“
    „Da lang.“ Er sah nicht einmal hin, als er fahrig in die grobe Richtung deutete. „Immer weiter bis kurz vorm Tempel. Dann links. Steht Badehaus dran. Und jetzt aus dem Weg!“
    „Die Götter mögen es Euch verdanken, werter Herr“, sagte Piero und trat beiseite. Zum Tempel also… ein wirklich ungewöhnlicher Ort für ein Badehaus. In gewissen Details unterschieden sich die Städte dieser Welt also doch ein wenig. Wenigstens schienen die Feuermagier hier offen damit umzugehen, dass sie gern auf Männerärsche glotzten.
    „Na dann, andiamo!“

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    Tempelviertel - Badehaus

    Man konnte sich über die ungeschliffene Ausdrucksweise seines menschgewordenen Wegweisers ja durchaus echauffieren, doch seine Beschreibung traf durchaus ins Schwarze. Da selbst Thorniara im Vergleich zu richtigen Städten ein bedauernswertes Kaff war, hatte Piero nicht weit laufen müssen, bis er sich schließlich im Tempelviertel am anderen Ende der Stadt wiederfand. Und auch das Badehaus war durchaus treffend ausgeschildert.
    „Badehaus. Nun ja, nicht misszuverstehen jedenfalls.“
    Voller Vorfreude auf die wohltuende Körperreinigung betrat der Reisende das feuchtwarme Etablissement und sah sich einem Herrn in fortgeschrittenem Alter und der leuchtend roten Kleidung hiesiger Geistlichkeit gegenüber, der ihn ernsten Blickes in Empfang nahm.
    „Innos zum Gruße. Ein Bad, nehme ich an?“
    „Die Götter mögen Euch und Euer Geschäft segnen, mein werter Herr. Ja, ich wäre durchaus interessiert daran, mich gründlichst von Schmutz und Gestank zu befreien.“
    „In Ordnung. Mein Name ist Woyzeck, ich bin hier der Badermeister. Normalerweise habe ich zu dieser Tageszeit nicht viel Kundschaft, aber Ihr habt noch Glück und könnt gleich beginnen. Auf Wunsch wird Eure Kleidung gewaschen und-“
    „Unbedingt, werter Herr. Ich kann es kaum erwarten! Aber achtet bitte darauf, den Stoff nicht zu sehr am Waschbrett zu martern, hört ihr? Der Stoff und die Farben sind empfindlich.“
    Die dichten, grau melierten Augenbrauen des Novizen Woyzeck zogen sich zusammen.
    „Aber natürlich. Lasst Eure Kleidung einfach im Umkleidezimmer liegen. Ich werde sie reinigen lassen. Euren Beutel werde ich sicher verwahren, solange Ihr hier seid.“
    „Es sei Euch gedankt, werter Herr Novize Woyzeck. Ich habe nicht mehr als diesen schmalen Goldbeutel und meine Wechselsachen, doch wenn Ihr auf das Gold Acht gebt, soll der Inhalt Euer Lohn sein.“
    Piero lächelte zuckersüß. Seine Laute, den ganzen Rest des „erwirtschafteten“ Goldes und den Sack mit seiner sonstigen Habe hatte er sicherheitshalber ganz in der Nähe sicher verwahrt. Traue niemals einem Bader war eine Lektion, die er schon vor langer Zeit gelernt hatte – selbst wenn dieser hier sich mit seiner leuchtend roten Robe den Anschein von Achtbarkeit gab.

    Er ließ sich eines der säuberlich auf einem Regal gestapelten Handtücher geben – so rau, dass es fürwahr eine Zumutung für seine Haut war, doch für den Moment konnte er das gerade so verschmerzen. Er betrat den Umkleideraum, in dem bereits zwei andere Herren bei einander standen. Der Eine kam ihm irgendwie bekannt vor. Ein ganz junger Bursche, mit seinem etwas verwilderten, blonden Haar und Bart ganz den Eindruck eines nordmarischen Orktöters erweckend – nun, vielleicht ohne das Töten, denn er machte auf den ersten Blick einen ganz und gar unschuldigen Eindruck.
    „Guten Tag, die Herren!“, rief Piero fröhlich, als er sich zu den beiden gesellte und sich so schnell aus seinen Sachen schälte, dass er die anderen im Nu überholt hatte. Die Mühe, sich die Blöße mit dem Handtuch zu verdecken, machte er sich nicht. Warum auch? Was an ihm hätte man denn verstecken müssen?
    „Warst du nicht auch auf dem Schiff, werter Freund? Dein wilder Bart kommt mir bekannt vor.“
    Piero wandte sich zu dem anderen. Auch sehr bärtig, jedoch deutlich älter, schon langsam im Stadium der Welkung begriffen. Und er wirkte im Gegensatz zu seinem jüngeren Begleiter irgendwie gelackt, geradezu schmierig. Und er machte den Eindruck, als hätte sein Stock im Arsch einen Stock im Arsch. Piero nickte ihm knapp zu: „Der Herr.“
    Und wandte sich dann ab, um so schnell als möglich ins heiße Nass zu kommen. Die anderen beiden würden ihm sicher jeden Moment Gesellschaft leisten, sobald sie genug davon hatten, ihre besten Stücke miteinander zu vergleichen.

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    Provinzheld Avatar von Die Feuernovizen
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    Wie Rüdiger Feuermagier wurde - der Geschichte zweiter Teil - Tempelviertel - Badehaus

    Rüdiger war freilich kein Meister der Spurensuche und sein Wissen um alte Gemäuer und Architektur hielten sich ebenso in Grenzen. Entsprechend schwierig gestaltete sich die Suche nach Hinweisen im hiesigen Badehaus. Dieses hatte der zukünftige Feuermagier bereits früh am Morgen betreten und in seiner Zeit hier bisweilen eine Vielzahl an Menschen kommen und gehen sehen. Verständlicherweise hatten sich alle mit derselben Frage an ihn gewandt, was er denn hier tue, wenn er offensichtlich nicht vor hatte ein Bad zu nehmen. Und jedes Mal hatte er die Wahrheit mit der Aussage verschleiert, dass er sich lediglich für die altertümliche Architektur interessiere. Auch wenn er nichts persönliches gegen seine Gegenspieler im großen Rennen um die Weihe zum Feuermagier hatte, so wollte er ihnen dann doch des Rätsels Lösung nicht auf dem Silbertablett servieren. Nicht wenn er so viele Stunden schon auf dem Boden entlang gekrochen war und jede einzelne Kachel nach Spuren abgesucht hatte. Nicht wenn er jede Wand nach versteckten Schaltern abgetastet hatte, in der Hoffnung einen Geheimgang zu öffnen. Und vor allem nicht wenn er während seiner Suche stets dieses grässliche Kratzen des Handtuches hatte ertragen müssen, welches unentwegt an seinem zarten Hintern rieb.

    „Da hat die Oberste Feuermagierin mir ja ein ganz schönes Rätsel aufgetischt!“, beklagte sich Rüdiger im Selbstgespräch während er den Türrahmen nach versteckten Inschriften absuchte. Schon seit einer Weile befand sich keiner mehr mit ihm im Raum und so hatte er die Ruhe genutzt, um seine Suche ungestört fortsetzen zu können.
    „Seltsam nur, dass ich hier weder Curt, Gabriel, noch Felia angetroffen habe!“, sinnierte er als er einige Kratzer an der Tür selbst mit einer Lupe inspizierte, die er am Morgen aus der Bibliothek ausgeliehen hatte.
    „Ach was rede ich denn da schon...Felia würde natürlich im Frauenabteil des Bades Suchen müssen! Da würde sie natürlich nichts finden! Dominique und Immanuel waren schließlich waschechte Männer! Hah!... Waschecht!“, grunzte Rüdiger durch seinen eigenen Wortwitz amüsiert, bevor seine Gedanken wieder abschweiften.
    „Wobei...gibt es hier überhaupt getrennte Bäder?“ Tatsächlich hatte sich der angehende Feuermagier die Gäste des Badehauses gar nicht so genau angeschaut. Sein Fokus hatte in den letzten Stunden ausschließlich auf der Spurensuche gelegen! So wie jetzt als er versuchte einige in das Holz der Tür eingravierte Inschriften zu entziffern, die in den Jahren bereits deutlich verblasst waren:

    „I...C...H...W...A...R...H...I...E...R...G...E...Z...E...I...C...H...N...E...T.. .G...A...B...“

    Seine Suche wurde schlagartig unterbrochen, als die Tür plötzlich schwungvoll aufgerissen wurde und er sich in Angesicht mit einem weiteren Gast des Badehauses befand. Rüdigers Lupe und sein Augenmerk machten dabei die Bekanntschaft mit der Nase des Mannes, der auf der Stelle stehen geblieben war. Gerade rechtzeitig um einen Zusammenstoß zu verhindern.
    „Alle Achtung! Das ist ja ein herausragendes Exemplar!“, stelle Rüdiger beeindruckt fest.

    Mina Argon
    Geändert von Die Feuernovizen (28.04.2024 um 11:51 Uhr)

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    Lehrling Avatar von Piero
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
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    Tempelviertel - Badehaus

    Für "nicht viel los" rannte er hier aber in ziemlich schneller Abfolge in seltsame Begegnungen hinein. Dabei war die ins Badehaus mitgebrachte Lupe des Mannes, der sich ihm in reiner Fahrlässigkeit direkt hinter der Tür in den Weg gestellt hatte, noch der wenige Befremden erweckende Teil an der Geschichte.
    "Ja, so sagen die meisten. Und dabei habt Ihr ihn nicht mal in aufrechter Haltung gesehen."
    Nicht, dass Piero gerade danach zumute gewesen wäre. In einer anderen Situation mit anderen Beteiligten vielleicht. Aber nicht jetzt.
    "Dass Ihr dafür aber eine Lupe zur Hand nehmt, sehe ich schon als Affront an, der nach Satisfaktion schreit, werter Herr."
    Piero nahm sein Handtuch von der Schulter und schlenderte entspannt an dem kuriosen jungen Herrn vorbei, der sich hier mit seiner Sehhilfe an diesen Ort der Körperkultur begeben hatte. Er warf das raue Stück Stoff auf eine karge Holzbank und begab sich ohne Umschweife zum dampfenden Zuber. Erst ein Fuß, um die Wärme zu prüfen, dann das ganze Bein, schließlich das zweite Bein und dann der ganze Körper hinterher tauchten in das warme Nass ein.
    "Aaaaahhhhhh, das war notwendig...", rief Piero und rutschte noch etwas tiefer hinein. Seine angespannten Muskeln lockerten spürbar auf, und endlich fand das fürchterliche Jucken auf seiner Haut ein Ende.
    "Einen seltsamen Zeitvertreib habt Ihr da, mein Lieber. Prüft Ihr öfter die besten Stücke von Badegästen mit Eurer Lupe?"
    Er dachte an die beiden Bärtigen im Umkleideraum, die es immer noch nicht hierher geschafft hatten, und lächelte bei dem Gedanken daran, dass sie sich immer noch gegenseitig begutachteten.
    "Ich weiß ja, dass wir hier am Arsch der Welt sind. Aber hier im Tempelviertel scheint ihr das schon ziemlich wörtlich zu nehmen, was?"
    Piero hob lächelnd die Hände.
    "Ich habe nichts dagegen, beileibe nicht. Das ist sogar ziemlich erfrischend. Ich bin so viel Ehrlichkeit von... gewissen Institutionen... nur nicht unbedingt gewohnt."

    Die Tür öffnete sich, und der Novize Woyzeck trat mit einem Eimer voll dampfenden Wassers herein. Wortlos goss er den heißen Strom in Pieros Becken und ließ den Badenden ob der Hitze, die seinen Körper durchfuhr, wohlig seufzen.
    "Jaaaaa, so ist das ausgezeichnet. Vielen Dank, mein Herr."
    Woyzeck wandte sich ohne ein Wort um und trat aus dem Raum.
    "Wenn ich hier in eine geschlossene Veranstaltung zwischen Euch und den beiden Herren in der Umkleide geplatzt bin, so tut es mir Leid. Für den Fall aber, dass solche freudvollen Zusammenkünfte in dieser Örtlichkeit öfter veranstaltet werden, trage ich mich gern ein. Das heißt: insofern man sich vorher mit der Teilnehmerliste vertraut machen kann. Nichts für ungut, aber Bärte und Lupen sind mein Ding nicht so sehr."
    Mit diesen Worten ließ er sich bis zum Scheitel in das nun extraordinär heiße Wasser sinken und fuhr sich durch das Haar, um es vom Talg der letzten Tage zu befreien. Er musste den Platz im Zuber nutzen, solange der noch vorhanden war.

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